Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 03. Apr 2011 · Musik

Kreative Neugier mit Elan zum Ausdruck gebracht – Herbert Walser-Breuß und Freunde gestalteten ein Konzert, das man nicht alle Tage hört

Hartmut Hofer, Manager der Kulturbühne AmBach in Götzis, hatte eine hervorragende Idee. Er übergibt kreativen MusikerInnen aus Vorarlberg eine „Carte blanche“, damit diese einen Konzertabend mit Freunden gestalten. Gefragt sind Genre übergreifende Musikprojekte, die neue Hörperspektiven eröffnen. Die erste Einladung erhielt der Trompeter Herbert Walser-Breuß, der in der Alten Musik genauso zu Hause ist wie in der improvisierten Musik und im Jazz. Die zahlreich erschienenen ZuhörerInnen zeigten sich begeistert. Spannend waren vor allem jene Stücke, die mit Renaissancemusik starteten und in improvisierten Soundcollagen endeten.

Herbert Walser hat für sein musikalisches Projekt, das nicht als Porträtkonzert konzipiert war, hervorragende MusikerInnen eingeladen. Neben dem Perkussionisten Alfred Vogel musizierten Lucas Dietrich am Kontrabass und Benny Omerzell am Klavier. Die Berliner Jazzsängerin Winnie Brückner verlieh den Songs eine besondere Note. Eine originelle musikalische und klangfarbliche Ergänzung bot Thor Harald Johnsen mit der Theorbe, der Renaissancelaute und der Barockgitarre.
Als musikalischen Leitgedanken hatten sich die Musiker die Idee der Wiederholung und der variierenden Wiederholung vorgenommen. Ostinate Figurationen oder das Prinzip der Passacaglia waren Anhaltspunkte aus der Alten Musik. Aus dem Bereich der modernen Musik und des Jazz standen dafür Soundtechniken mit Loopings. So wurde ein anregender Bogen gespannt, ausgehend  von Johann Hieronymus Kapsberger, Claudio Monteverdi, Georg Friedrich Händel über Tomasz Stanko und Kenny Wheeler bis zu Irving Berlin und Chick Corea. Auch zwei Nummern von Alfred Vogel sowie das Volkslied „Es tagt der Sonne Morgenstrahl“ wurden präsentiert und musikalisch ausgestaltet.

Spannende Veränderung der Gestalten

Vor allem die erste Konzerthälfte wirkte anregend und beinhaltete außergewöhnliche musikalische Transformationsprozesse, die jeden einzelnen Musiker als Profi erlebbar machten. Farbenreich und unterhaltsam wurden die musikalischen Grundgedanken vorgestellt, in unterschiedlichen musikalischen Zusammenhängen durch die Instrumente gereicht, variiert und neu geformt. So entwickelte sich teilweise auch ein mitreißender Groove, beispielsweise mit den „Sustain Variations“ von Tomasz Stanko. Eingeleitet wurden viele Stücke von Thor Harald Johnsen an der Theorbe. Auf diese Weise entwickelte sich ein unverwechselbares Flair, in das die einzelnen Musiker und abschnittweise die Sängerin eintauchten. Dabei agierten die Musiker hervorragend aufeinander abgestimmt. Ruhender Pol, aber stets mitten im Geschehen war Herbert Walser selbst. Durch seine zurückhaltende Musizierart baute er eine besondere Erwartungshaltung auf.

Akustische Instrumente und elektronische Effekte

Ein Höhepunkt war die elektronisch unterstützte Soundcollage von Alfred Vogel. Sie wurde mit rezitierender Stimme und geräuschhaften Klängen stringent und mit einem gut abgestimmten Einsatz von Soundeffekten sowie expressiven Texten ausgebreitet.
Im zweiten Set stützten sich die Musiker auf Vorlagen von Jazzmusikern des 20. Jahrhunderts und auf das Volkslied „Es tagt der Sonne Morgenstrahl“. Darin waren vokale Anklänge an Größen wie Falco und an die Neue Deutsche Welle beziehungsweise Rap eingestreut. Insgesamt wirkten diese Nummern jedoch weniger in sich abgerundet als die voran gegangenen. Erst zum Schluss hin stellte sich wieder ein packender „Drive“ ein.
Die nächste „Carte blanche“ erhält Evelyn Fink. Auf ihr Konzert am 27. Oktober 2011 darf man gespannt sein.