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Silvia Thurner · 27. Sep 2015 · Musik

Ein Nest von Falschspielern entdeckte, worauf es ankommt - Der Start der Familienkonzerte des Symphonieorchesters Vorarlberg war ein voller Erfolg

Mit Tänzen, einem Walzer und einer Polka führten das Symphonieorchester Vorarlberg, die Kommissarin Flunke (Lilian Genn) und der Trompeter Herr Quatschinski (Stefan Dünser) großen und kleinen Ohrenzeugen vor, wie ein Orchester funktioniert und was das Musizieren im Inneren zusammenhält. Begeistert folgten die Konzertbesucher im Vinomnasaal in Rankweil der Aufführung von Dvoraks slawischem und ungarischem Tanz, dem „Valse triste“ von Sibelius sowie der Polka „Ohne Sorgen“ von Josef Strauss und erlebten eine bereichernde Stunde Musik.

Familienkonzerte, die mit Charme, Humor und mit einem notwendigen Tiefsinn gestaltet sind, sind rar. In Vorarlberg gibt es mit Stefan Dünser, dem Blechbläserquintett „Sonus Brass“ und dem Ensemble „Die Schurken“ auch international anerkannte Spezialisten dafür, wie Musikvermittlung auf höchstem Niveau funktioniert. Diesem Themenkreis möchten sich das Symphonieorchester Vorarlberg und der Geschäftsführer Thomas Heißbauer in Zukunft verstärkt widmen. Nun starteten sie eine neue Reihe mit inszenierten Familienkonzerten, jedes Jahr soll eine Produktion präsentiert werden. Aufbauend auf dem Erfolg des Musiktheaters „Kommissarin Flunke“ des Ensembles „Die Schurken“ adaptierten Stefan Dünser und die Schauspielerin Lilian Genn das Stück für Orchester. Nach einen Libretto und in der Regie von Theresita Colloredo entstand das zugleich amüsante und lehrreiche Familienkonzert "Musiknotruf 433. Ein Fall für Kommissarin Flunke" mit passender Musik von Dvorak, Sibelius und Strauss.

Beim aktiven Mittun Musik erleben


Selbstverständlich war das Publikum zur aktiven Mitgestaltung eingeladen. Das Besondere an der Einladung an die anwesenden „Ohrenzeugen“ bestand in dieser Aufführung darin, dass das Publikum unmittelbar an der ‚Interpretation’ des ungarischen Tanzes von Antonin Dvorak beteiligt war, denn „die Musikalität versteckt sich im Körper“, wusste Kommissarin Flunke. Die von allen Anwesenden mitgestaltete Bodyperkussion war sehr gut auf die Musik abgestimmt und durch die Bewegungen für jeden Einzelnen gut nachvollziehbar. Diese besondere Form des mitwirkenden Publikums war das Highlight der Aufführung.

Humorvoll erzählte Geschichte


Weil das Orchester an diesem Abend ohne Dirigenten auskommen musste, herrschte auf der Bühne ein heilloses Durcheinander. Aufeinander hören, miteinander atmen oder die im Notentext verborgenen Empfinden zum Ausdruck bringen, war den Orchestermusikern bis dahin fremd. Zufällig entdeckte die Kommissarin Flunke auf ihrer Patrouille „das Nest von Falschspielern“. Mit der notwendigen Autorität machte sie dem Orchester klar, was Musizieren mit Gefühl bedeutet.

Immer wieder war es den Musikern in den einzelnen Stimmregistern zu langweilig und ihnen fiel mancher Unsinn ein. Diese Unkonzentriertheiten nutzte die hervorragend spielende Lilian Genn, um Kerngedanken des Musizierens und die einzelnen Stimmgruppen des Orchesters sowie die Hauptthemen der dargebotenen Kompositionen zu erklären. Dies geschah auf so amüsante und lockere Weise, sodass nie der Eindruck entstand, es würde Wissen vermittelt. Auch das Singen als ursprünglichste Form und Wurzel der musikalischen Gestaltung wurde im Rahmen des Familienkonzertes „Musiknotruf 443“ eindrücklich erfahrbar.

Musiker mit schauspielerischen Qualitäten


Stefan Dünser stand neben Lilian Genn im Mittelpunkt der Vorstellung. Sein ganzes schauspielerisches Talent entfaltete er als selbstbewusster Herr Quatschinski. Am eindrücklichsten zeigte er dies mit seinem Minenspiel im „Valse Triste“. So lang an der Bühnenrampe zu stehen und die ganze Palette an Gefühlen, von bornierter Ignoranz bis zum Zweifel und ehrlicher Emotion, zum Ausdruck zu bringen, war eine Klasse für sich.

Mit begeistertem Applaus bedankte sich das Publikum. Auf die nächste Aufführung eines Familienkonzertes mit dem Symphonieorchester Vorarlberg darf man sich jetzt schon freuen, vor allem auch deshalb, weil sich in den Reihen der Orchestermusiker zahlreiche hervorragend musizierende Schauspielerinnen und Schauspieler finden.