"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Thomas Kuschny · 26. Okt 2010 · Musik

Ein ganz schlimmer Finger - „Andre Williams and the Goldstars“ am Spielboden Dornbirn

Mit nicht jugendfreien Liedern begeisterte Andre Williams in der berstend vollen Kantine des Dornbirner Spielbodens.

Typen wie Andre Williams pflegen ja mitunter ihre Lebensläufe etwas, wie soll man sagen...,  anzureichern. „pimping up“ ist der unübersetzbar treffendste Ausdruck dafür, dem zwielichtigen Gewerbe sei Dank. Folgende Eckdaten scheinen halbwegs gesichert: Geboren Mitte der 30er Jahre in ärmliche Verhältnisse, meldet sich Williams nach „schulischen Problemen“ noch minderjährig zur Marine, verwendet dazu den Ausweis seines älteren Bruders. Der Schwindel fliegt bald auf, Williams verschlägt es nach Detroit, wo er sogleich in die dortige Musik-Szene eintaucht. Kein wirklich begnadeter Sänger ist er mit dem ( damals sehr populären ) Sprechgesang – Nummern wie „Bacon Fat“ und „Jail Bait“ – am erfolgreichsten, die letztere übrigens ein Lamento über die juristischen Folgen des Verkehrs mit Minderjährigen. („... please Mr. Judge, you just let me go this time, ...“) Später produziert er u.a. für Ike Turner, managt Edwin Starr und schreibt Songs für „Parliament“ oder „Funkadelic“. In den Achtzigerjahren völlig heruntergekommen als Obdachloser in Chicago lebend, konvertiert er zum Judaismus („because of a woman“-natürlich!) und ist seit über 10 Jahren wieder im Geschäft. Dazu Tonnen harter Drogen und, selbstredend, Hundertschaften von Frauen.

Unzweideutige Anspielungen und allzu deutliche Aufforderungen

So nimmt es nicht wunder, wenn der Mann gleich im ersten Song in der berstend vollen Kantine des Spielbodens keine Umschweife macht. Mit feinstem Nadelstreif in rot und einem weißen Dandy-Hut ausgestattet, intoniert er sogleich: „Do you want to make love with me?“ Schon das zweite Lied lässt aber über die wahren Absichten keine Zweifel: „I'm a bad motherfucker“, heißt es da wahrheitsgemäß. Im folgenden wechseln sich unzweideutige Anspielungen – „I can tell by the way you smell, that you were havin' fun tonight“ - mit allzu deutlichen Aufforderungen. Spätestens bei „Baby, let me put it in“ darf man dann froh sein, dass das Englische  schon eine Art verklärende Wirkung für uns Deutschsprachige hat, sonst wäre man nämlich längst in allerübelsten Apres-Ski Mitgröhl-Refrains angekommen. (Man stelle sich vor!)
Mit über die Jahrzehnte um mindestens eine Oktave tiefergelegterer Stimme fährt Williams dann mit Dingen fort, über die wir den Mantel des Schweigens breiten wollen.  Dazu spielen die „Goldstars“ recht routiniert, aber bieder eher die brachiale Version von Rhythm'n'Blues, in klassischer Rock-Besetzung Gitarre, Bass und Schlagzeug. Es fehlt ein bisschen die nötige Coolness und Abwechslung, die ein satter Bläsersatz oft miteinbringen kann. Mitten während der Show ist man dann besorgt, als der Maestro für Minuten die Bühne verlässt.

Trotz fortgeschrittenen Alters sehr vital

Erleichterung macht sich breit, denn er erscheint agil wie vorhin kurz darauf in schwarzen Zwirn gekleidet. (Bei der Zugabe ist er dann in edles Blau gehüllt, auch die Hüte wechseln ständig, hier beweist der Mann Geschmack). „Mustang Sally“ folgt, damit es auch ein Lied gibt, bei dem jeder mitsingen kann. Dabei hätte er auch „Shake a Tail Feather“ zu bieten, seine bekannteste Komposition, im „Blues Brothers“- Film von Ray Charles interpretiert. Zum Schluß natürlich noch „Jail Bait“, das Set ist schon eher kurz gehalten, aber man würde sich wünschen, in so fortgeschrittenem Alter ähnlich vital auf einer Bühne stehen zu können. Offenbar hat ihm sein ungesunder Lebenswandel nicht wirklich schaden können.