Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 30. Mär 2012 · Musik

Ein „Meisterkonzert“ der Mittelklasse – mit einer wenig überzeugenden Sopranistin, einem engagierten Streichquartett und widrigen Umständen

Das Casal Quartett aus der Schweiz gastierte im Rahmen der Bregenzer Meisterkonzerte im Festspielhaus. Zusammen mit der Sopranistin Christiane Oelze war ein interessantes Programm angekündigt. Vor allem der selten zu hörende Liederzyklus „... oder soll es Tod bedeuten?“, den der deutsche Komponist Aribert Reimann 1996 nach Liedern von Felix Mendelssohn Bartholdy komponiert hatte, weckte Interesse. Doch das Konzert stand unter keinem guten Stern. Die Darbietungen der Sopranistin enttäuschten und obwohl die MusikerInnen Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ engagiert musizierten, wirkte die Werkdeutung angespannt.

Der sechsundsiebzigjährige deutsche Komponist Aribert Reimann schöpft viel Inspiration aus Liedern von Schubert, Schumann und Mendelssohn Bartholdy. Aus der Beschäftigung mit Liedvorlagen entstanden auch Bearbeitungen und Liederzyklen. „Mignon“ für Sopran und Streichquartett trägt den Untertitel „Zusammengestellt und für Sopran und Streichquartett transkribiert von Aribert Reimann“. Das Werk ist die Bearbeitung der berühmten Schubertlieder nach Texten von Johann Wolfgang von Goethe. Dabei werden die Originale quasi in einem anderen Licht dargestellt und aus einem anderen Blickwinkel betrachtet.

Angestrengt

Die Art, wie die Sopranistin ihre Lieddeutungen in „Mignon“ anlegte, war wenig überzeugend. Mit der Notenmappe in der Hand und einer über weite Strecken nach vorne gebeugten Haltung entfaltete ihre Stimme wenig Strahlkraft. Eindringlicher wirkte die Interpretation der Lieder „... oder soll es Tod bedeuten?“ von Felix Mendelssohn Bartholdy/Aribert Reimann, wenngleich auch diese wenig textdeutlich und vor allem in den höheren Lagen mit eher gepresster Stimme ausgeformt wurden.

Textdeutende Musik

Die MusikerInnen des Casal Quartetts stellten sich in den Dienst der Sopranistin, entwickelten aber auch ein individuelles Profil. Besonders jene Passagen, in denen Aribert Reimann die Originalkompositionen von Schubert bzw. Mendelssohn Bartholdy in seiner musikalischen Sprache weiter komponiert hat, überzeugten. Dazu verwendete der Komponist prägnante Textpassagen, aus denen er motivisches Ausgangsmaterial für Zwischenspiele, Überleitungen, Reflexionen und Kommentare herauskristallisierte. Diese reizvollen, psychologisch deutbaren Passagen boten einen gedanklichen Leitfaden. Daria Zappa, Rachel Späth, Markus Fleck und Andreas Fleck spielten vielgestaltig und sensibel aufeinander abgestimmt und unterstrichen den Aussagegehalt der Musik.

Zwielicht

Im zweiten Konzertteil musizierte das Casal Quartett Schuberts berühmtes Streichquartett Nr. 14, in d-Moll, (D 810). Einleitend trug Christiane Oelze jenes Lied vor, das dem Streichquartett zugrunde liegt und ihm den Beinamen „Der Tod und das Mädchen“ verliehen hat.

Dann tauchten die QuartettmusikerInnen in ihre Welt ein und entfalteten eine Musik, die über weite Strecken die Aufmerksamkeit fesselte. Allerdings hatten sie kein leichtes Spiel, denn das Bregenzer Festspielhaus ist für eine Streichquartettbesetzung meiner Meinung nach zu groß dimensioniert. Zwangsläufig mussten die dynamische Ausgestaltung und die Phrasierungen eher kräftig aufgetragen erklingen, um auch ein Pianissimo deutlich zur Geltung zu bringen. Der Preis dafür waren ein teilweise aufgewühlter Duktus, übermäßige Spielgeräusche und wenig innere Ruhe.