Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 26. Mär 2019 · Musik

Die Geigerin Elisso Gogibedaschwili stand im Mittelpunkt – mit ihrem bewundernswerten Spiel rettete sie den Abend

Zum dritten Abonnementkonzert in Lustenau war die Geigerin Elisso Gogibedaschwili als Solistin eingeladen und der Reichshofsaal füllte sich fast bis auf den letzten Platz. Weit über die Grenzen hinaus hat sich die erst 19-jährige Musikerin mit ihrem herausragenden Spiel einen Namen gemacht. Zusammen mit dem Orchestra da Camera Ferruccio Busoni unter der Leitung von Massimo Belli musizierte sie Ernest Chaussons „Poème“, op. 25 und danach die berühmte „Carmen-Fantasie“ von Pablo de Sarasate. Die ernsthafte Leidenschaft, mit der Elisso Gogibedaschwili die Werke musikalisch ausdeutete, unterstrich ihre natürliche Ausstrahlung und faszinierte die Zuhörenden.

Elisso Gogibedaschwili stammt aus Lustenau, seit gut zehn Jahren erhält sie Geigenunterricht bei Josef Rissin in Karlsruhe. Derzeit steht die Jugendliche kurz vor der Matura am Musikgymnasium in Feldkirch, dennoch fand sie Zeit für eine Konzertreise nach Italien und Soloauftritte mit höchst virtuosen Soloparts. Bescheiden betrat die Musikerin die Bühne und vertiefte sich im lyrischen Poem von Ernest Chausson sogleich in die leidenschaftliche Kantilene. Wunderbar ausgeglichen und in sich ruhend formte Elisso Gogibedaschwili die weit ausladenden melodischen Linien von den tiefen Tönen bis in die höchsten Lagen. Die warme Tongebung ihrer Guarneri-Geige, verbunden mit einem sinnlichen, nie aufgeregten Vibrato, füllte dabei den musikalischen Raum ganz aus. Die immanente Spannung der leidenschaftlich bewegten Musik unterstrich die Solistin zudem mit transparent geführten Doppelgriffen. Den Orchesterpart formten die Musikerinnen und Musiker des Orchestra da Camera Ferruccio Busoni in einem guten Dialog mit der Solistin.

Sinnlich und mitteilsam

Mit der „Carmen-Fantasie“ von Pablo de Sarasate zeigte Elisso Gogibedaschwili weitere Facetten ihres Könnens. Sie behielt den vorhin angestimmten romantisch lyrischen Toncharakter bei, verlieh diesem zusätzlich eine poesievolle Note und modellierte die virtuos angelegten Passagen mit einer atemberaubenden Technik. Eindrucksvoll stellte die Solistin die spezifischen Themencharaktere aus Bizets Carmen in den Raum und zog gleichzeitig die Aufmerksamkeit mit ihrer individuellen Spielart auf sich. Elisso Gogibedaschwili gestaltete die virtuosen Passagen, indem sie auch Wagnisse einging und verlieh damit der Musik einen mitteilsamen Touch. Bemerkenswert war überdies die sympathische Bescheidenheit der Musikerin, denn bei aller Virtuosität verinnerlichte sie die Musik, war ganz bei sich selbst und spielte mit einer Ausdruckskraft, die nicht an oberflächlichen, spieltechnischen Effekten interessiert war. Auch bei dieser Werkdeutung agierte das Kammerorchester als feinfühliger Partner und reagierte flexibel auf den Solopart. Mit Standing Ovations feierte das Publikum Elisso Gogibedaschwili.

Allzu verhalten

In der zweiten Konzerthälfte kam der Energiefluss nicht mehr so richtig in Gang. Dies lag nur zum Teil an der zugrundeliegenden Werkauswahl, denn der Grundtenor von Edvard Griegs „Zwei elegischen Melodien“, op. 34 beherrschte auch die Variationen über ein Thema von Tschaikowsky von Anton Arensky und die „Finnländischen Tänze“ von Ferruccio Busoni, dargeboten in einem Arrangement von Marco Sofianopulo. Auch die Deutung der „Rumänischen Volkstänze“ von Béla Bartók wirkte allzu verhalten. Das Orchestra da Camera Ferruccio Busoni musizierte mit eher spärlich besetzten tiefen Registern. Allein dadurch konnte sich ein vom Rhythmus ausgehender Drive nur wenig entwickeln. Doch ein „geerdetes“ Fundament ist für die volksmusikalisch angelegten Kompositionen essentiell.
Massimo Belli am Pult des Kammerorchesters dirigierte fast alle Werke auswendig. Dies ermöglichte zwar einen guten Kontakt zu den Musikerinnen und Musikern, doch seine etwas steife Dirigierhaltung hatte eine verhaltene Spielweise zur Folge.