Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Ionian · 23. Jul 2011 · Musik

Die Bregenzerwälder Ausnahmemusiker "HMBC" - Ein weiteres musikalisches Aushängeschild Vorarlbergs mit einem ausverkauften Hitkonzert beim Poolbar-Festival

Das Poolbar-Festival präsentierte am Freitag, den 22. Juli erneut eine Vorarlberger Gruppe als Headliner. Der "holstuonarmusigbigbandclub" hat vergangenen Sommer mit "Vo Mello bis ge Schoppernou" Schallmauern durchbrochen und dementsprechend war das Konzert ausverkauft. Während alle auf den großen Hit warteten, präsentierten die Bregenzerwälder Ausnahmemusiker einen euphorischen Ritt zwischen Genie und Wahnsinn. Davor wurde man noch vom herausragenden Support "Times New Roman" zu einer Traumreise eingeladen.

Ein Imperium neuer Römer wird erbaut

"Times New Roman" war eine Ausfahrt auf bewegter See und hinterließ den Eindruck von Sonnenschein nach einem Gewitter. Sie steigerten ihren Charme des Schlichten immer wieder durch Wiederholungen zu Mantras, die dann in vielschichtigen Chören ausliefen. Die Vielfalt ihrer untypischen Instrumente schaffte frische Klangfarben in die verträumten und vertrauteren Wellen. Die sieben Architekturstudenten nennen die emotionale Berg- und Talfahrt ihrer atmosphärischen Reise "independent country". Was alles in ihnen steckt, ist nun auf Tonträger gebannt: ['i:slant] titelt das pressfrische Album der neuen Römer und ist ab sofort erhältlich. Wer sie dieses Jahr live verpasst, braucht viele gute Ausreden, denn nach diesem Poolbar-Gig spielen sie nächste Woche beim Open Hair Festival, am 05. August beim Szene Openair und am 03. September auf dem Freakwave Festival.

Weder One-Hit-Wonder noch Blasmusik-Kappelle

Wer die "Holstuonar" tatsächlich nur über ihren Kassenschlager kennt, wird auf den Konzerten unwiderruflich in eine Überraschung stolpern. Die fünf Musiker wurzeln in der Volksmusik, der sie inzwischen entwachsen sind. Ausgerüstet mit virtuosem Handwerk und der Kultur der Volksfeste, suchen sie seither nach einer Eigendefinition. Im Ursprung noch immer eine Blasmusikkapelle, eröffneten sie sich neue Wege und integrierten moderne Songs genauso wie weltbekannte Klassiker in ihr Repertoire. Anstatt sich jedoch einfach nur auf alte Gäule drauf zu setzen, erlebt man mit ihnen einen Ritt auf höchstem musikalischem Niveau, gesattelt auf abwegigem Wahnwitz.

Spaß als die Quintessenz des Programms

Ihr Konzert ähnelte eher einem Kabarett. Dabei war ihr Humor nicht nur auf die Ansagen dazwischen reduziert, sondern kam auch rein instrumental aus und zog sich wie der rote Faden durch ihre Show. Anfangs waren sie beinahe etwas zurückhaltend, trotz des monumentalen Eröffnungsschlags. Dabei hatte man sich eh sein eigenes Publikum in die Poolbar gelockt, denn verständlicherweise löst ein, derart über die Grenzen hinaus erfolgreicher Dialektsong, in vielen einen gewissen Zugehörigkeitsstolz aus. Außerdem wurden durch die Radiopräsenz auch solche Generationen erreicht, die üblicherweise nicht durchs Poolbar-Programm blättern.

Ein Spiel mit unterschiedlichen Codes

Der "HMBC" spielte gestern voll und ganz für die Leute, dafür etwas weniger mit ihnen. Nur mit Zugpferd Johannes Bär ist es immer wieder so richtig durchgegangen. Da konnte es schon passieren, dass er die ganze Halle zum Vokal-Duell herausforderte, oder einfach mal mit zum Himmel gestreckten Beinen auf dem Rücken zum Liegen kam. Als Bühnendekoration dienten einfache Sessel, die nach den anstrengenden Solo-Exzessen zu Verschnaufpausen gebraucht wurden. Aber auch als Sprungbrett mussten die Stühle herhalten. Sie spielten meisterhaft mit unterschiedlichen Codes. In ihren Outfits erkannte man vergewaltigte Zitate klassischer Trachten. Englische Texte wurden bewusst missverstanden und führten zum überraschenden Medley. Die Musiker nahmen sich einfach einige weltberühmte Songs und formten sie im eigenen Ton.

Auf der Suche nach dem eigenen Wesen

Ihre dritte und aktuelle CD "Lieble" war ein Schritt in eine neue Richtung. Mit den Erfahrungen und dem Selbstvertrauen im Songwriting, das sie inzwischen entwickelt haben, wagten sie sich an die Kreation eigener Kompositionen. Dabei holten sie das Publikum live vor allem mit ihren Covers ab. Dennoch steuerte der amüsante Abend unaufhaltsam auf den unvermeidlichen Höhepunkt zu, nämlich den einen Song, weswegen alle gekommen waren. Natürlich wurde "Vo Mello bis ge Schoppernou" auch gespielt, man konnte mitsingen und manchen taten wohl die Füße derart weh, dass sie mit ihren Schuhen zu werfen begannen.
Der "holstuonarmusigbigbandclub" hatte unterhalten. Die humorvollen Interpretationen waren Opium fürs Volk, die eigenen Kompositionen spielten noch immer mit Musikgenres, waren aber eigenständige Songs. Witz und Nahbarkeit spannten die Brücke zum Publikum. Unerwartet einzuschlagen erscheint wie das Credo der Band, an dem festzuhalten wünschenswert wäre. Trotz des hohen Erwartungsdrucks stehen noch alle Beine am Boden. Die Musiker von "HMBC" hätten das im Vorfeld wieder selbst nicht gedacht, aber urteilten dann abschließend doch sehr euphorisch: "Wir haben die Poolbar gerockt!".