„Aus seinem Leben“ derzeit am Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 01. Aug 2022 · Musik

Dem Abend gesungen – Marlis Petersen, Stephan M. Lademann und Ulrich Reinthaller zogen die Zuhörenden in ihren Bann

Seit über zehn Jahren sind die frühen Sonntagabende bei den Bregenzer Festspielen der „Musik & Poesie“ gewidmet. Hier verbinden Musiker:innen und Künstler:innen Texte auf vielfältige Weise mit Kammermusik. Meistens werden Sprache und Töne themenbezogen zueinander in Verbindung gebracht. Die Sopranistin Marlis Petersen und der Pianist Stephan M. Lademann sowie der Schauspieler Ulrich Reinthaller bescherten den Zuhörenden ein eindrückliches Erlebnis, das noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Ein Zitat des englischen Komponisten Henry Purcell beschreibt wohl am besten, was Marlis Petersen, Stephan M. Lademann und Ulrich Reinthaller im Rahmen von Musik & Poesie im Seestudio des Bregenzer Festspielhauses gelungen ist.  „Musik und Poesie hielt man stets für zwei Schwestern, die Hand in Hand gehen. So wie die Poesie die Harmonie der Wörter ist, so ist die Musik die Harmonie der Noten. Beide sind vortrefflich in ihrem Reiche, doch nur gemeinsam können sie an die Perfektion heranreichen: Gemeinsam erscheinen sie wie die Schönheit und Geist in ein und derselben Person.“

Unter dem Leitgedanken „Innenwelten“ wurden die vier Themenkreise „Nacht und Träume“, „Bewegung im Innern“, „Mouvement Intérieur“ und „Erlösung und Heimkehr“ geöffnet und mit vielsagenden Kompositionen und Gedichten gefüllt. Ulrich Reinthaller trug die Gedichte, unter anderem von Novalis und Rainer Maria Rilke, Robert Walser und Ludwig Bechstein, Ingeborg Bachmann, Eduard Mörike, Theodor Fontane und Hugo von Hofmannsthal so vielsagend vor, dass die darin niedergeschriebenen Weisheiten und Denkanstöße plastisch und gut nachvollziehbar zur Geltung kamen. Seine eindrucksvolle Sprechweise spiegelte die Kraft der dichten Textinhalte wider und kristallisierte sie mitreißend heraus.

Die meisten Gedichte beinhalten allein durch die Wortrhythmik und die evozierten Bilder eine große musikalische Aussagekraft. Auch deshalb wirkt die Verbindung von Lyrik und Musik im klavierbegleiteten Sololied so überragend. Marlis Peterson deutete Lieder, Balladen und Songs von der Romantik bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und stellte dabei Kompositionen von Schubert, Brahms, Wolf, Liszt, Strauss, Reger und Mahler zueinander in Beziehung. Darüber hinaus interpretierte sie auch weniger oft im Konzertsaal zu hörende Lieder von Karl Weigl, Hans Sommer und Richard Rössler. Emotional formte die Sopranistin jedes einzelne Werk und lotete die melodischen Linien ganz den Inhalten entsprechend mit vielgestaltig nuancierten Tongebungen aus. Ihr Timbre klang warm und kraftvoll, so dass einesteils die innigen, leisen Momente und andernteils die dramatischen Sinnzusammenhänge höchst eindringlich wirkten.

Der großen Interpretationskraft von Marlis Petersen stand der Pianist Stephan M. Lademann um nichts nach. Er spielte detailreich und in einer höchst aufmerksamen Kommunikation mit der Sopranistin. Spannend war zu hören, wie unterschiedlich die Komponisten die Klavierparts angelegt hatten: Von begleitenden Passagen bis hin zu intensiv textdeutenden Klavierstimmen, die die Vielschichtigkeit der zugrundeliegenden Gedichte unterstrichen und teilweise auch hervorkehrten. All diese Qualitäten entfaltete Stephan M. Lademann mit einer feinsinnigen Anschlagskultur.

Eine bemerkenswerte Klanginsel gestalteten Marlis Petersen, Stephan M. Lademann und Ulrich Reinthaller unter dem Leitgedanken „Mouvement Intérier“ mit französischen Chansons. Allein die Sprache und die dargebotenen Liebeslieder von Reynaoldo Hahn, Henri Duparc und Gabriel Fauré, verstärkt durch die Gedichte von Liebesglück und -freuden von Eduard Möricke, Theodor Fontane und Hugo von Hofmannsthal verströmten eine sinnliche Atmosphäre.