Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Heinz Ullmann · 23. Apr 2010 · Musik

Daumen hoch, wir leben ... und rocken noch!! Uriah Heep Celebration: The 40th Anniversary Tour

„Celebration“ heißt das letzte Album einer der berühmtesten Bands und Mitbegründer des Hardrock-Genres, die Ende 2009 ein weiteres Mal auf große Tour gingen, um sich selbst, ihr 40-jähriges Bestehen, ihr Publikum sowie 30 Millionen verkaufte Tonträger weltweit gebührend zu feiern. Die seit 1986 (Frontmann und Leadsänger Bernie Shaw stößt zur Band, Russell Gilbrook ersetzt 2007 Drummer Lee Kerslake) in nahezu unveränderter Zusammensetzung aufspielende Band um Gründungsmitglied Mick Box (Gitarre) wurde nach ihren letzten Auftritten im deutschsprachigen Raum von Presse und Publikum gleichermaßen bejubelt und mit Lob überschüttet. Man durfte also durchaus gespannt sein auf diesen Abend im Lustenauer Reichshofsaal, hatte man zudem die Band noch von einem zu ihren Hochzeiten in der Ravensburger Oberschwabenhalle stattfindenden Konzert in bester Erinnerung.

Bemerkenswerte Szenen und etwas Rührendes

Bemerkenswerte Szenen spielen sich bereits im Foyer des Reichshofsaales ab. Das Ganze hat etwas Rührendes – begegnen sich doch hier und heute Generationen und damit Personen, die in dieser Konstellation, in ihrem Outfit und Habitus, unterschiedlicher wohl kaum sein könnten. „Kutten“- und „Schöple“-Träger, Grufties und Frotteeanzugfreaks, Rockoma und Party-Teens, lange Haare, kurze, gar kein Haar – gewollt und ungewollt. Selbst ein hochrangiger Landesbediensteter outet sich heute Abend als Alt-Rocker.

Fürs Erste birgt die Situation für alle Anwesenden wohl ein ähnlich überraschendes Moment, denn eine Clusterbildung ist unübersehbar und gruppenübergreifende Interaktion kommt nur zögernd zustande. Dennoch macht es Spaß bei reichlich Bier und uneingeschränktem Zigarettenqualm – die Lüftung wurde vermutlich in Reminiszenz an alte Zeiten vorsätzlich nicht in Betrieb genommen – Teil dieses Auflaufs zu sein und den Event gemeinsam zu erwarten. Auch während des Auftritts der Vorgruppe leerte sich der Vorraum kaum.

Kein HNO-Besucht trotz brachialer Soundgewalt

Die nächste Überraschung dann beim mit Spannung erwarteten Haupt-Act, dem Auftritt der Rockgladiatoren – Uriah Heep. Unvermittelt und brachial geht es zur Sache – ich greife in die Tasche – ein Tempo wird rasch zerfuzelt und in die Ohren gestopft, der geplante HNO-Besuch gedanklich gestrichen, ich höre besser als gedacht und wohl besser als 90 % der Anwesenden.

Ein kurzer Blick zum Regiepult: das Live-Mixing besorgt ein ganz Junger und der hat – ganz ohne Sarkasmus – sein Gehör wahrscheinlich schon unwiederbringlich geschädigt, wie leider viele seiner Zunft. Anders ist das wattüberladene Getöse, das sich aus der nur mittelmäßigen PA-Anlage ergießt, nicht zu erklären. Schade – denn neben dem hammerartigen Sound eines unter Volldampf stehenden Expresszuges („Easy Livin“) versteht es Uriah Heep auch wunderbar flirrende Akustikteppiche auszubreiten. Mit einfühlsamen Schmachtfetzen wie „July Morning“, „Sunrise“ oder der Pop-Ode „Free Me“ wusste man stets unverwechselbare und auch feinsinnige Akzente zu setzen – unter diesen Bedingungen leider unmöglich! Frontmann Bernie Shaw versucht mit Körpereinsatz und bewundernswerter Agilität den Funken überspringen zu lassen – der erhobene Daumen wird dabei zum Branding des Abends und vermutlich der ganzen Tournee. Das kann aber kaum darüber hinwegtäuschen, dass die Kämpen doch reichlich müde wirken – auch nicht das sympathische Dauergrinsegesicht von Guitar-Hero Mick Box, der nur einmal richtig zum Leben erwacht, als er nach einer angedeuteten „Ich-werf-euch-die-Gitarre-ins-Publikum“-Geste das dann doch besser unterlässt, um unmittelbar darauf mit einem kurzen, wirklich guten Gitarrensolo dem Publikum sagen zu wollen: „Meiner Geliebten (Gitarre) besorge ich’s immer noch selber!!“...

Trittsicher - aber unscheinbar

An diesem Abend bleibt ein professionell und trittsicher agierender (Studio-)Schlagzeuger Russell Gilbrook ähnlich unscheinbar wie ein völlig apathisch auftretender Bassist Trevor Bolder und Keyboarder Phil Lanzon. Wie zum Beweis, dass hier tatsächlich live gespielt wird, zieht dieser den Focus des Publikums erst dann auf sich, als sich sein Board mit lautem Gezirpe genervt und ungewollt zu Wort meldet. Auf Overdubs und Samples mag heute kaum eine Band mehr verzichten – da macht Uriah Heep, wenn auch in vergleichsweise bescheidener Art, keine Ausnahme. An diesem Abend wäre dies hier aber wohl kaum jemandem aufgefallen!

Angriffe aufs Tanzbein

Erst in der letzten Konzert-Phase verspüren einige wenige Zuschauer und -hörer dann doch noch Angriffe auf ihr Tanzbein, denen sie vereinzelt Folge leisten. Zur programmgemäß ausgeführten Zugabe wird dann endlich die Hymne der Band, „Lady in Black“, angestimmt. Das Publikum ist zufrieden und verlässt ohne weitere Betteleien und ebenso rasch wie die Band das Feld. Insgesamt wird sich der Abend als kein Highlight in die Konzerthistorie der Gruppe eintragen.

Schon bald aber steht eine weitere, eine vielleicht noch bekanntere Rock-Ikone ins Haus: Deep Purple gastiert am 8. Juni in der Messehalle in Dornbirn. Wir sind gespannt!!!