"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Thomas Kuschny · 24. Apr 2014 · Musik

Das böse Wort - Ches Smith & These Arches im Spielboden

Das böse Wort ist „Avantgarde“. Fällt dieses in Konzertvorankündigungen, ist (leider) damit zu rechnen, dass viele potentielle Besucher aus Angst vor allzu viel Dissonanz die Segel streichen. Vor Kurzem war ja im Radio zu hören, das beliebteste Intervall der Neutöner sei die kleine Sekund. Eben! Wenn dann auch noch zeitgleich ein wichtiges Spiel in der „Königsklasse“ (des Fußball-Kapitalismus) stattfindet, wird’s noch schwieriger.

Dabei hat Ches Smith mit seinen „Arches“ ein kleines Allstar-Ensemble der New Yorker Downtown-Szene zusammengestellt. Mit Tim Berne am Altsaxofon ist sogar ein echtes Urgestein am Werk, mit der Gitarristin Mary Halvorson eine Speerspitze der neuen Generation. Smith selber ist vor allem durch Marc Ribots famoses Trio „Ceramic Dog“ als dynamischer und sehr versatiler Schlagzeuger bekannt, der dem zuweilen etwas angestaubten Genre sehr wohl Leben einzuhauchen in der Lage sein könnte. Immerhin ist es ja heutzutage nicht mehr leicht, Vorreiter (=Avantgarde) zu sein, wenn zum Voranschreiten (wie es scheint) nur noch wenig Terrain übriggelassen worden ist.

Aber der Funke will nicht recht überspringen. Woran das liegen mag? Vielleicht an der, euphemistisch gesagt, „routinierten“ Performance vor allem der beiden Saxofonisten, Berne und Tony Malaby. Falls die beiden gestern Gefallen an ihrem Tun gefunden haben, ist es ihnen trefflich gelungen, dies zu verbergen. Vielleicht liegt´s an Arrangement und Sound. Andrea Parkins spielt ihr Akkordeon mit zahlreichen Effekten über einen Gitarrenverstärker (Ihre bekanntere Cousine Zeena Parkins hat´s mit der Harfe genauso gehalten!), hier aber nicht immer zum Vorteil des Instruments und bisweilen ziemlich matschig klingend. Sie bedient auch einen Laptop, dessen nicht eben innovatives Geknarze im Hintergrund zu den Bläsern zwar sehr stimmig ist, im Vordergrund dafür etwas deplatziert wirkt. Da kein Bass vorhanden ist, muss sich die eigentlich grandiose Mary Halvorson meist auf Repetitives in den unteren Saitenlagen beschränken, sehr schade! Abseits der Improvisationen nehmen auch die oft erstaunlich zugänglichen Kompositionen eher selten richtig Fahrt auf. Manchmal aber, vor allem gegen Schluss des Konzertes, tun sie´s schließlich doch, vielleicht in freudiger Erwartung einer kühlen Erfrischung nach getaner Arbeit? Zu böse? Schon möglich, aber die 120 Minuten auf 75 eingedampft und mit mehr Impetus vorgetragen, hätten unter Umständen einen formidablen Abend ergeben können.