Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 13. Okt 2012 · Musik

Barockmusik erfrischend neu gedeutet und mit neuer Musik im Dialog – Alexander Moosbrugger ließ mit einer ausgeklügelten Spielweise aufhorchen

Die diesjährigen Hohenemser Chor- und Orgeltage eröffnete der Organist und Komponist Alexander Moosbrugger mit einem ungewöhnlich konzipierten Programm. Der deutsche Komponist Markus Wettstein ‚extrahierte’ aus Werken des Barockkomponisten Dietrich Buxtehude sogenannte „Fundstücke“. Diese erklangen als Zwischenglieder einer Toccata, einer Ciacona und eines Präludiums von Buxtehude. Geboten wurden spannende und zugleich aufreizende Werkdeutungen, die begeisterten, aber auch skeptische Reaktionen hervorriefen.

Alexander Moosbrugger ist bekannt für seine gut konzipierten und „durchkomponierten“ Konzertprogramme. Die Kombination der Werke aus dem Barock und der Gegenwart ergab ein außergewöhnliches Beziehungsgeflecht, das reizvolle Querverweise ermöglichte. Markus Wettseins „Fundstücke I bis IV“ aus dem Jahr 2008 waren als österreichische Erstaufführung zu hören. In der wechselnden Abfolge mit den Kompositionen von Dietrich Buxtehude entfalteten Wettsteins „fundstücke“ einen besonderen Reiz. Allerdings entwickelten sie für sich betrachtet wenig Eigenleben und fungierten eher als Überleitungspassagen, denn als eigenständige Werke.

Raumpositionen

Grelle Töne, die an Autohupen erinnerten, erklangen in den „Fundstücken I“. Nah- und Fernverhältnisse sowie unterschiedliche Raumpositionierungen stellten sich in den „fundstücken II“ ein. Dieser Abschnitt entwickelte eine anregende Korrespondenz zur vorangegangenen Toccata in d, (BuxWV 155) von Buxtehude. Harmonische Eckpunkte bildeten ein Gerüst, und das Spiel mit unterschiedlichen Reaktionsmustern ergab eine anregende Brückenfunktion zur nachfolgenden Ciacona in e (BuxWV 160).

Schwebung und Pulsation

In den „fundstücken III“ ließen Schwebezustände sowie Pulsationsmuster und abrupt eingesetzte Floskeln aufhorchen. Die Ausdünnung der Klanggestalt verwies auf die „fundstücke IV“, die den Höhepunkt bildeten. Aus einem dichten Clusterklang wurden mikrotonale Verschiebungen sowie Schwebungen herauskristallisiert, sodass der Klangstrom ein fein nuanciertes Eigenleben entwickelte.

Kompositorische Merkmale klar geformt

Die Kompositionen von Dietrich Buxtehude, vor allem das Praeludium in d, (BuxWV 140) interpretierte Alexander Moosbrugger eigenwillig, jedoch musikalisch beziehungsreich und schlüssig dargestellt. Durch die kantige Registrierung kamen vielgestaltige und unterschiedliche motivisch-thematischen Abschnitte prägnant zur Geltung. Buxtehudes kompositorische Ideen wie beispielsweise abrupte Wechsel und überraschende Bewegungsmuster zwischen kontrapunktischen Passagen sowie korrespondierende Glieder wurden durch die Spielart von Alexander Moosbrugger erfrischend neu beleuchtet.

Ein markanter Schlusspunkt wurde mit der Fuge in Es-Dur (BWV 552,2) von Johann Sebastian Bach gesetzt.