Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 02. Feb 2014 · Musik

Außer Rand und Band – David Helbock’s „Random|Control“ mit Johannes Bär und Andreas Broger faszinierte mit leidenschaftlicher musikalischer Kreativität

Zum Einstand von Alfred Vogel als neuen Kurator der „Jazz&“ Reihe und zum 30. Geburtstag des Pianisten und Komponisten David Helbock füllte sich der Dornbirner Spielboden. Gefeiert wurde mit einem musikalischen Spektakel, das die Zuhörenden wohl nicht so schnell wieder vergessen werden. „Random|Control“ mit dem Blechbläser und Beatboxer Johannes Bär, dem Holzbläser Andreas Broger sowie David Helbock an den Tasten und den Electronics präsentierte seine neue CD. Als Inspirationsquelle diente den drei Multiinstrumentalisten die Musik von Thelonious Monk und Hermeto Pascoal. Einen herausragenden Eindruck hinterließ „Random|Controll“ aber nicht deshalb, weil die drei Musiker ein fast unüberschaubares Sammelsurium an Instrumenten spielten und in Szene setzten, sondern weil sie damit auf unverwechselbare Art und Weise und ohne Effekthascherei Musik machten.

„Random|Controll“ hat sich als außergewöhnliches Trio bereits mit seiner ersten CD einen guten Namen gemacht. Zusammen mit David Helbock bedienten sich Johannes Bär und Andreas Broger einer Vielzahl von Instrumenten, die von höchsten Registern bis in tiefste Bassregionen reichten. Jede Art von Geräuschen, von luftigen bis zu quietschenden, Samples und auch das Beatboxing bildeten das instrumentale Grundgerüst, das sie mit einer unbändigen Freude am Experiment in allen musikalischen Denkvarianten ein- und umsetzen.

Für Ohren und Augen


Im Mittelpunkt des Konzertes, das auch für die Augen viel zu bieten hatte, agierte Johannes Bär. In einem unglaublichen Tempo wechselte und spielte er die unterschiedlichen Instrumente von der Piccolotrompete bis zum Sousaphon und Alphorn. Er war ständig in Bewegung, spielte ein, zwei oder drei Instrumente gleichzeitig und wenn nötig auch in ungewöhnlichen Stellungen, wie beispielsweise liegend unter dem Flügel.

Mit seinem Beatboxing versetzte er die Zuhörenden in Staunen, denn der Einsatz dieser Kunst, die ganz besonders wirkungsvoll am tiefen Blech in Szene gesetzt wurde, perfektionierte er in der letzten Zeit. Die eigentliche Kunst von Johannes Bär lag darin, dass er sämtliche Stücke und Improvisationen aus einem innermusikalischen Zusammenhang heraus spielte. So dienten die Stimmregister und Instrumentalklänge den zugrundeliegenden musikalischen Ideen.

Kongeniale Partner


Insofern hat David Helbock mit Johannes Bär einen kongenialen Partner und Andreas Broger aus der „Holzbläser-Sektion“ ergänzte die beiden hervorragend. Das Publikum hatte das Vergnügen, dem Trio bei seinen Tüfteleien und Klangexperimenten direkt über die Schulter zu schauen und man kann sich denken, wie viel Spaß die Musiker bei der Generierung der Musik und Sounds hatten.

Quellen der Inspiration weiter gedacht


Als Ausgangspunkt für die aktuelle CD namens „Think of Two“ dienten David Helbock der amerikanische Pianist und Komponist Thelonious Monk und der brasilianische Multiinstrumentalist Hermeto Pascoal. Den zugrundeliegenden Werken ging David Helbock auf den Grund und schrieb sie in seiner eigenen Sprache weiter, so dass sie jeweils einen individuellen Charakter erhielten.

Die überbordende Menge an Gehörtem und Gesehenem versetzte das Publikum in eine besondere Stimmung und Feierlaune. Einige musikalische Erlebnisse blieben besonders in Erinnerung, beispielsweise die Electronics und das Trompetensolo in „Voa, Ilza“. Die vertrackten Rhythmen in „Nas Quebradas“ boten viele Anreize für die eigenen Hirnwindungen. Die tremolierenden Klänge sowie das Beatboxing im Zusammenspiel mit dem Klavierpart sowie die Verbindungen zwischen Sprache, Luftgeräuschen und Tönen faszinierte in „Musica das Nuvens e do Chao“. Der Tanz der Obertöne in „Tupizando“ und die Art, wie Johannes Bär mit seinem Spiel unter dem Flügel die Saiten zum Mitschwingen anregte, gab der Musik eine ganz besondere Note.

Kurzweilig


Der Wechsel zwischen bewegten, rhythmischen und experimentellen Werken sowie ruhig, erzählenden Stücken war hervorragend ausgelotet. Viele Passagen, die auf Werken von Thelonious Monk beruhten, verströmten durch die eingesetzten Sounds ein besonderes Ambiente. Beispielsweise waren die Klangtransformationen und die unterschiedlich beleuchteten Klänge in „Round Midnight“ durch den Einsatz der Dämpfer gut nachvollziehbar. In „Raise Four“ spielte Johannes Bär das Alphorn so wendig, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Neben der Melodika vervollständigte auch ein Toy Piano das Instrumentarium, denn dieses brachte David Helbock in „Trinkle Tinkle“ besonders schön zum Einsatz.

Ein musikalisches Denkmal


Einen Höhepunkt erreichte die Experimentierfreude und musikalische Gestaltungskraft von „Random|Control“ in „Pannonica“. Mit diesem Werk hatte Thelonious Monk seiner exzentrischen Mäzenin Pannonica de Koenigswarter die Ehre erwiesen und David Helbock setzte der Katzenliebhaberin auf seine Weise ein Denkmal. Ein humorvoller Klangteppich, unter anderem mit eingespielten Loops eines quietschenden Luftballons, leitete das Stück ein. Einen Surround-Effekt fabrizierte Johannes Bär, indem er sich mit dem Sousaphon drehte. Die Liebe zum Detail und der Spaß am musikalischen Experiment kamen in diesem Werk schön zum Ausdruck. Funkig und etwas kantiger ging es mit „Para Hermeto“ weiter, das David Helbock seinem Spiritus Rector Hermeto Pascoal gewidmet hat.

Wien - Berlin


„Random|Control“ mit Johannes Bär und Andreas Broger und die neustes CD „Think of Two“ machen Freude. Wer jedoch die Gelegenheit hat, dieses Trio live zu erleben, sollte sich dies auf keinen Fall entgehen lassen.

David Helbock ist nun über Wien in Berlin angekommen. Dies steigert die Freude und Erwartung auf künftige Projekte und Werke dieses inspirierten Musikers und Komponisten. Da bleibt nur, herzlich zu gratulieren und alles Gute zu wünschen!

 

CD-Tipp
David Helbock’s Random|Control: THINK OF TWO, traumtonRecord Berlin 2013.