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Annette Raschner · 30. Jän 2014 · Literatur

Freude am politisch Unkorrekten - Gauls erstes Schundheft

Er schreibt auch gegen seine unzähligen „Wüte“ an, empfindet es als befreiend, kreativ die „Sau heraus lassen zu können“ und möchte dem - wie er sagt - „allseits grassierenden Konformismus“ mit einer geballten Ladung Emotionalität begegnen. Schundhefte sind Ulrich Gabriels neue Antwort auf den Schund, dem wir täglich ausgesetzt sind. „Das Sterben der Gigantin“ in Erinnerung an die Concordiatragödie vor der Insel Giglio ist der Titel der ersten Ausgabe, die in einer Erstauflage von 1.000 Stück soeben im Verlag unartproduktion erschienen ist.

Seit zwölf Jahren ist Ulrich Gabriel als Schreiber des Barons von Zanzenberg tätig, dessen genaue Identität nach wie vor ungeklärt ist. Bisher gelte lediglich als gesichert, dass die Zeugung des Barons an einem Freitagabend im Mai nach dem Seelenrosenkranz der Sebastianbruderschaft Oberdorf am Zanzenberg erfolgt sei. Noch vor zwei Jahren verkündete der Baron im Gratisboulevardblatt „Wann & Wo“ seinen Rückzug, hielt aber offenbar dem Druck der großen Leserfangemeinde nicht stand. Wer das Blatt allzu schnell entsorgt, hat nun die Möglichkeit, die Geschichten des Barons von Zanzenberg in einem von Sylvia Dhargyal äußerst attraktiv gestalteten und mit Gauls skurrilen Mauszeichnungen versehenen Schundheft im DinA6-Postkartenformat nachzulesen.

Ausgeprägtes Faible für Heftchenromane, Groschenhefte, ...


Der Begriff Schund bezieht sich bei den satirischen Geschichten des Barons von Zanzenberg „unter anderem auch auf die Auftreffbedingungen des Rheintales hinter dem Bodensee, vor dem Arlberg, neben und in der Schweiz, in die der Baron unentrinnbar hineingeboren wurde“. Außerdem hat Ulrich Gabriel ein - wie er sagt - ausgeprägtes Faible für Heftchenromane, Schundhefte, Groschenhefte und dergleichen. Erst kürzlich habe er in einem Antiquariat in Frankfurt Jörn Farrows „U-Boot-Abenteuer“ erworben.
„Feuchtigkeit, Erde und schwarzer Humor bringen die seltsamsten Dinge hervor“, heißt es in seinem „Neujahrsfragebogen“ vom 3. Jänner dieses Jahres. Ulrich Gabriel will dem „Duckmäusertum“ humorvolle, kritische, bissige, emotionale und durchaus auch politisch unkorrekte Standpunkte entgegensetzen. Er lasse sich von niemandem bevormunden, auch nicht von Politikern. „Jo sioscht dänn nünt? Jo hörscht dänn nünt? Jo loscht du´s Mul all zuo?“ sang Gaul bereits vor Jahrzehnten in einem Lied, das auf der Mundart-CD „Vorallemberg“ erschienen ist.

Menschen erreichen und berühren


In der ersten Schundheftausgabe „Das Sterben der Gigantin“ schimpft, spottet, witzelt und dichtet Ulrich Gabriel unter anderem über neue Schulversuche, den österreichischen „Weltraum-Jucker“ Felix Baumgartner, die Abschaffung kleiner Postämter, über Heumilch oder auch den Festakt des Landes anlässlich seiner Pensionierung: „Beim Festakt anlässlich meiner Exkarnation zur Schmuckblume mit weiteren zwanzig ausgemusterten Grauköpfen schaute ich aus der ersten Reihe unentwegt auf Huberts bunte Sandbildle. Die kleine SchülerBigband tutete fein dazu.“

Rund tausend Kolumnen hat Ulrich Gabriel in den vergangenen zwölf Jahren geschrieben. Der „elfenbeinerne Turm der Literatur“, der sei ihm schlicht egal, sagt er. Ihn interessiere vielmehr eine „niederschwellige Leserschaft“. „Natürlich habe ich auch meinen Anspruch, aber die Texte sollen in erster Linie die Menschen erreichen und sie berühren. Die so genannte hohe, große Kunst: Die sollen ruhig andere machen!“

Die vierteljährlich erscheinenden Schundhefte sollen künftig auch in Trafiken und Kiosken erhältlich sein. „Ich wollte einmal wirklich so billig produzieren, dass ich mir auch ein Defizit leisten könnte.“ Und es gibt auch ein SchundABO – vier Schundhefte zum Preis von insgesamt 15 Euro werden portofrei ins Haus geliefert.