Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Annette Raschner · 29. Mai 2019 · Literatur

FM.Felder@Bregenz@Bregenzerwald@Dornbirn

Zum 150. Todestag von Franz Michael Felder wird eine Ausstellung an drei Orten – nahezu zeitgleich – eröffnet: Im Stadtmuseum Dornbirn, im Martinsturm Bregenz und im Egg Museum. Sie zeichnet ein lebendiges Bild des Schoppernauer Dichters und Sozialreformers und bietet neue Blicke auf jene Orte, die er regelmäßig aufgesucht hat. Annette Raschner hat mit Kurator Jürgen Thaler gesprochen.

Felder lebendig werden lassen

Annette Raschner: Handelt es sich nun um eine Ausstellung oder um drei Ausstellungen?
Jürgen Thaler: Das kann man drehen und wenden, wie man möchte. Es ist einerseits eine Ausstellung an drei Orten, andererseits sind es auch drei Ausstellungen, die sich inhaltlich ausdifferenzieren. Das gemeinsame Generalthema lautet, was Franz Michael Felder mit den jeweiligen Orten zu tun hatte. Aber an diesen Orten werden die Geschichten von Felder unterschiedlich verhandelt.
Raschner: Auf welche Ausstellungsstücke haben Sie zugegriffen?
Thaler: Die Idee war es, Felder gewissermaßen wieder lebendig werden zu lassen. Wir zeigen Briefe, Handschriften und Memorabilien. Ansonsten werden die Inhalte in sehr zeitgenössischer Form präsentiert. So sieht man etwa das historische Dornbirn in Form eines alten Katasterplanes aus den 1850er Jahren. Anhand markierter Punkte erfährt man zum Beispiel, wo 1909 ein Felder-Kommers stattgefunden hat und wo es 1869 eine Versammlung für die fünf Vollwaisen nach Felders Tod gegeben hat. Darüber hinaus haben wir beim Hamburger Künstler Arne Bellstorf Comics in Auftrag gegeben. Er hat zehn Szenen in Comicpanels verwandelt. In einer sieht man, wie Felder mit dem nachmalig berühmten Dornbirner Bürgermeister Johann Georg Waibel bis nachts um zwei in der Markstraße auf seinen Sieg bei einem Gerichtsverfahren angestoßen hat. Man wird aber auch sehen können, wie die Nationalsozialisten 1939 Felder im damaligen Deutschen Haus im heutigen Gösserbräu gefeiert haben oder wie Felder im Gasthof Sonne in Au zum ersten Mal Kaspar Moosbrugger getroffen hat und wie sie dort zusammen das Tanzbein geschwungen haben. Eine andere Überlegung betraf die Frage nach dem Umgang mit historischen Figuren. Der Vorarlberger Dramatiker Maximilian Lang hat von uns den Auftrag bekommen, Monologe zu schreiben, in denen das Verhältnis dieser Figuren zu Felder zum Ausdruck gebracht wird. Die Texte wurden von Schauspielern des Vorarlberger Landestheaters gesprochen und sind nun als Filme in der Ausstellung zu sehen. Die Schauspieler tragen übrigens nicht historische Kostüme, sondern als Menschen der Gegenwart Alltagskleidung, sodass Vergangenheit und Gegenwart derart ineinandergreifen, dass man fast glauben könnte, Felder lebe noch.

Neue Erkenntnisse

Raschner: Was erzählen uns die unterschiedlichen Ausrichtungen in den jeweiligen Orten über Felders Beziehung zu diesen drei Orten?
Thaler: Wir sind im Laufe der Recherchen darauf gekommen, dass die wirkliche Felder-Hauptstadt Dornbirn ist! In Dornbirn waren für Felder ganz wichtige Persönlichkeiten, in der Regel aus dem liberalen Lager, mit denen er echte Freundschaften gepflegt hat und die ihn auch unterstützt haben; Leute etwa wie der Drucker Friedrich Rusch, der Apotheker Kofler oder Johann Georg Waibel. Im Gegensatz dazu Bregenz. Bregenz war für Felder nur die Stadt der Verwaltung und der Politik. Hier war das Gericht, vor dem er erscheinen musste, oder auch der Landesmuseumsverein, mit dem er in Kontakt war; in Bregenz fand 1939 die Landesfeier zum 100. Geburtstag von Felder statt, und in Bregenz wurde auch der Felder-Verein als Einrichtung gegründet. Im Bregenzerwald wiederum gibt es eigentlich zwei Schwerpunkte: Einmal die Gemeinde Au, die für Felder stets der Inbegriff einer richtigen Stadt war. In Au kannte er viele Leute, da waren Ärzte und der ihm sehr wohlwollend gegenüberstehende Pfarrer. Hier fand auch 1889 die Felderfeier statt. Und zum anderen Bezau, weil sich in Bezau das Gericht befand. Hier musste sich Felder einmal einen Pass ausstellen lassen, um nach Leipzig reisen zu können. In Bezau war aber auch sein enger Freund Josef Feurstein.
Raschner: Sind auch für Dich, der Du ein ausgewiesener Felder-Experte bist, manche Überraschungen zutage getreten?
Thaler: Absolut! Wir hatten ja schon vor fünf Jahren eine große, sehr erfolgreiche Felder-Ausstellung im vorarlberg museum, bei der es vor allem darum ging, Felder wirklich bekannt zu machen und als außergewöhnlichen Menschen darzustellen. Das müssen wir jetzt nicht mehr tun. In dieser Ausstellung zeigen wir nun, dass Felder alles andere als ein einsamer Sonderling war. Er war vielmehr ein im ganzen Land bekannter Schriftsteller und politischer Kopf, der im ganzen Bregenzerwald und eben auch in Bregenz und Dornbirn anzutreffen war und ein intensives Netzwerk aufgebaut hat. In Dornbirn lebte er sogar mehrere Wochen in der Kirchgasse 3 gegenüber dem heutigen „Verwalter“, um seinen engen Freund und Schwager Kaspar Moosbrugger zu besuchen, der als Jurist 1864 und 65 im Gericht gearbeitet und mitten in Dornbirn gelebt hatte. Und in Dornbirn schrieb er auch ein Gedicht: „Freier Ausblick“. Felder war ein sehr geselliger Mensch. Gasthäuser waren damals das Zentrum des Diskurses. So war das Gasthof Gans im Oberdorf der zentrale Treffpunkt der Liberalen in Dornbirn, und auch Felder war dort oft anzutreffen.
Raschner: Um ein umfassendes Bild zu erhalten, sollte man also alle drei Ausstellungen besuchen?
Thaler: Sollte man! Man kann auf Felders Spuren vom Bregenzerwald nach Dornbirn und nach Bregenz reisen, und man wird wirklich viele interessante Geschichten erfahren; vor allem reichen diese bis in die 1980er Jahre, als Peter Handke im damals ganz neuen Montfortsaal aus der gerade im Residenzverlag erschienenen Neuausgabe von Felders Autobiografie „Aus meinem Leben“ las. Dieses Tondokument gibt es, und es ist in der Ausstellung zu hören.

Ausstellungseröffnungen:
Stadtmuseum Dornbirn: 3.6., 18 Uhr
Martinsturm Bregenz: 6.6., 18 Uhr
Egg Museum: 13.6., 19.30 Uhr