Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Norbert Ender · 15. Sep 2016 · Literatur

Eine Nacht der Literatur und Musik in der Artenne Nenzing

In der Artenne Nenzing läuft derzeit (bis 2. Oktober) die Ausstellung „Stöbern und Stolpern“. Sie beschäftigt sich mit Dachböden und anderen Erinnerungsräumen. Wie das Gerümpel auf Dachböden existieren auch die Erinnerungen des Menschen auf längere Sicht in einer Art Zwischenzustand, aus dem sie entweder ins Dunkel vollständigen Vergessens absacken oder ins Licht der Wiedererinnerung heraufgeholt werden können. Sind Dachböden, Archive oder Bibliotheken räumliche Erinnerungsmetaphern, so ist es die Sprache, die im nichtmateriellen Sinne Erinnerung und damit die Adaption des Vergangenen ermöglicht. Die Sprache für sich schafft aber nicht nur Erinnerung allein, sondern auch Gegenwart und Zukunft.

Parallel zur Ausstellung „Stöbern und Stölpern“ lädt daher die Artenne Nenzing am Samstag, den 17. September (ab 18 Uhr), zu einer von Karlheinz Pichler kuratierten Literaturnacht mit Musik, in der eine Reihe bekannter Vorarlberger und auch überregionaler SchriftstellerInnen Einblick in ihr aktuelles Schaffen geben.
Mit dabei ist etwa die 1992 geborene Vorarlberger Autorin Linda Achberger, die in ihren Kurzgeschichten immer wieder gesellschaftliche Themen aufgreift und über den zwischenmenschlichen Umgang schreibt. Achberger studiert derzeit Germanistik am renommierten Literaturinstitut in Leipzig und schreibt an einem Theaterstück für das Bregenzer Theater Kosmos, das in der ersten November-Woche aufgeführt werden soll.

Der 1978 in Feldkirch geborene Sportwissenschaftler Manfred Entner ist in der Vorarlberger Literaturszene mit dem Format „V-Lesung“ bekannt geworden, das er zusammen mit Eugen Fulterer 2011 gegründet hat. Entner hat an diesen V-Lesungen, die an jedem ersten Donnerstagabend des Monats an sehr speziellen Orten durchgeführt werden, immer wieder mit aus dem Stegreif gesprochenen Texen, die auf ironisch-schräge Art gesellschaftspolitische Abläufe aufs Korn nehmen, die Gemüter erregt oder belustigt.

Alfred Goubran wiederum, 1964 in Graz geboren und heute in Wien lebend, kann auf eine umfangreiche literarische Tätigkeit als Schriftsteller, Rezensent, Übersetzer, Herausgeber und Verleger verweisen. Zudem ist er ein Liedermacher und Songwriter, dessen Stimme an Lou Reed erinnert. Seine Texte sind düster und grau, aber auch voller Poesie und sprachbildnerischer Schönheit.

Franz Kabelka, geboren 1954 in Linz und seit 1981 in Vorarlberg lebend, hat sich vor allem mit gleichwohl hintersinnigen wie spannenden Krimis überregional einen Namen gemacht. In Nenzing liest er aus seinem noch unveröffentlichten neuen Kriminalroman „Kaltviertel“ (angesiedelt im niederösterreichischen Waldviertel). Der spätere Rächer schreibt darin eine Art Tagebuch, in dem er sich daran erinnert, wie er in seiner Kindheit zusammen mit seinem jüngeren Bruder entführt und missbraucht wurde.

Der 1983 in Bludenz geborene und heute in Feldkirch lebende und arbeitende Christoph Linher ist vergangenes Jahr mit dem Literaturpreis des Landes Vorarlberg ausgezeichnet worden. Sein im Februar bei Müry Salzmann erschienenes Werk  „Farn – Eine Erzählung aus dem Off“ ist für den Alpha Literaturpreis 2016 nominiert. Zur Zeit arbeitet Linher an seinem zweiten Buch, aus dem er Kostproben vorlesen wird.

Der 1963 in St. Gallen geborene Schweizer Schriftsteller und Performer René Oberholzer, der heute in Wil lebt, ist für Gedichte und Kurzgeschichten bekannt, die wohl überraschen, aber nicht verstören, weshalb "Kein Grund zur Beunruhigung" besteht, um den Titel eines seiner Bücher zu zitieren. Oberholzer reflektiert den Alltag in all seinen Facetten und Färbungen. Eine kritische und zugleich unterhaltsame Stimme aus der Schweiz.

Die jüngste an der „Literaturnacht“ partizipierende Autorin ist Maya Rinderer. Sie ist gerade erst 20 Jahre alt geworden, veröffentlichte aber bereits vor fünf Jahren – also mit 15 Jahren – mit „Esther“ ihren ersten Roman. Er handelt von einem jungen Mädchen, das den Holocaust überlebt. Eine „Erinnerungsarbeit“ einer 15-Jährigen sozusagen. Mit „An alle Variablen: 100 Gedichte“ ließ Rinderer, die zu den vielversprechendsten Nachwuchstalenten in der Vorarlberger Literaturlandschaft zählt, dem Roman einen Lyrik-Band nachfolgen.

Die verschiedenen Lesungen werden durch musikalische Einschübe von Trickster Flint und Alex Sutter aufgelockert. Trickster Flint (Markus Mörschbacher, Thorsten Hinrichsen, Rene Fend, Paul Amann und Johannes Kremmel) stöbern dabei in Folk-, Country-, Indie- und Elektro-Untiefen, die in klirrenden Klängen und tiefen Bässen die Räume der Artenne durchdringen. Die ausdrucksstarke und virtuos timbrierende Stimme von Alex Sutter ist weit über die Grenzen hinaus bekannt. Ihre „Zwischentöne“ im Rahmen der Artenne-Literaturnacht werden sehr jazzig eingefärbt sein.

Und als eine Art Bindeglied zwischen AutorInnen und MusikerInnen ist letztlich die Schauspielerin, Tänzerin und Performerin Brigitte Walk angesagt. Sie wird sich bei den literarischen und musikalischen Unterbrechungen immer wieder „einschmuggeln“ und mit kurzen szenischen Lesungen aus verschiedensten Texten zum Thema „Erinnerungsräume“ das Programm verdichten.

 

Literaturnacht
Artenne Nenzing
17.9., ab 18 Uhr
AutorInnen: Linda Achberger (V), Manfred Entner (V), Alfred Goubran (Wien), Franz Kabelka (OÖ/V), Christoph Linher (V), René Oberholzer (CH), Maya Rinderer (V)
Szenische Lesungen: Brigitte Walk (V)
Musikalische Zwischentöne: Trickster Flint, Alex Sutter
www.artenne.at