Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Raffaela Rudigier · 03. Mär 2011 · Literatur

Based on a true story? Ibeles Feuer – eine Geschichte vom Erben

Korrupte Beamte, betrogene Erben, über fünf Ecken erschlichene, schwindelerregende Geldsummen, scharfsinnige Richter und schließlich couragierte Aufklärer – die Vorarlberger „Testamentsfälscher Affäre“ liest sich bisher ohnehin schon wie ein Krimi. Die Realität liefert eben immer noch die besten Geschichten. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf die Idee kam, aus dieser ausgeklügelten Affäre einen Roman zu fabrizieren. Was eignet sich dafür besser als ein Kriminalroman – noch dazu mit dem Bregenzerwälder Inspektor Isidor Ibele als Romanheld.

Inspektor Ibele und die Testamentsfälscher

Er ist also wieder zurück: genau ein Jahr nach Peter Natters Debut-Krimi „Die Axt im Wald“ erscheint ein zweiter Ibele-Kriminalroman unter dem Titel „Ibeles Feuer – eine Geschichte vom Erben“. Diesmal muss sich der Bregenzerwälder Kripobeamte Isidor Ibele mit Vorarlberger Testamentsfälschern herumschlagen. Alles beginnt gewohnt skurril: der Funken im Dornbirner Oberdorf im März 2011 wird zum Desaster, weil er umfällt und sich dabei herausstellt, dass statt der Funkenhexe ein toter Mann im Hexenkostüm oben schmoren hätte sollen. Dieser seltsame Mord führt Inspektor Ibele in die Villen der reichen Dornbirner und in die Abgründe der menschlichen Gier. Dabei weist die Testamentsfälscher Affäre im Kriminalroman einige Parallelen zur Realität auf (schade eigentlich, dass man so wenig erfinden muss), einzig die Überspitzung durch diverse Morde weicht von der realen Vorlage ab.

Veränderungen im zweiten Teil

Inspektor Isidor Ibele hat wenig Wandlung erfahren: er ist immer noch kein Kostverächter (obwohl er mittlerweile gerne auch zu Vegetarischem greift, wozu ihm sein Internist dringend rät), raucht nach wie vor Gauloises und flucht ab und an (wenn auch bedeutend weniger). Sein etwas dümmlicher Begleiter Cäsar Albrecht aus dem ersten Teil ist einem weitaus klügeren, aber leider auch langweiligeren Tiroler Inspektor Karl Baldreich gewichen. Er versteht sich bestens mit Ibele und ist ihm sehr ähnlich. Abhanden gekommen sind dafür leider Slapstick und Stummfilmwitz. Überhaupt wirkt Ibeles Pantoffelheldenseite mittlerweile etwas überzeichnet und unglaubwürdig: er schwärmt unaufhörlich von seinem „Rösle“ (seiner Frau Rosalia) und lässt keine Gelegenheit aus sie zu loben. Irgendwie nimmt man dem alten Paar diese beschauliche Idylle nicht ganz ab. Obschon das Rösle eine kleine Wandlung durchgemacht hat: auch wenn sie nach wie vor leidenschaftlich gerne kocht, fristet sie keinesfalls nur ein biederes Hausfrauendasein, was gleich zu Beginn beteuert und durch ihre eigenständige Paris-Reise auch noch unterstrichen wird. Leider rückt sie durch die ständigen Belobigungen etwas mehr in die Ferne und ist als Figur nach wie vor nicht wirklich greifbar.

Lokalkolorit und witzige Seitenhiebe

Wie schon im ersten Teil der Ibele-Geschichte erheitert Peter Natter auch diesmal seine Leser wieder mit Lokalkolorit und witzigen Seitenhieben auf die Gepflogenheiten des Ländles. Etwa wenn es heißt: „Ach du meine Güte, wie klein ist doch dieses Land! Too small, ist der Inspektor versucht auszurufen!“ Da werden die Dornbirner Müßiggänger „im berühmten Café mit dem originellen Namen Steinhauser“ ebenso auf die Schippe genommen wie „der aufgedonnerte Heimatfilm des so genannten Rockprofessors“ oder das In-Lokal „das demgemäß auch In-Auer“ heißt.

Oh Wortwitz!

Manchmal kann sich der Autor kleine Wortspielereien und Querverweise nicht verkneifen, etwa wenn auf Friedrich Dürrenmatt angespielt wird mit: „Der Jäger und sein Förster: Der Richter und sein Henker, denkt es in Ibele unwillkürlich und ein dürres, mattes Lächeln huscht um seine Lippen.“ Oder auch an anderer Stelle, wo es heißt: „(...) zu erschröcken den Fuchs, wie der General halblustig formuliert, auf einen der schneidigsten und umtriebigsten Offiziere des Landes anspielend (...)“.

Literarische Querverweise

Den einzelnen Romankapiteln sind literarische Zitate vorangestellt – von Nietzsche über Heine bis hin zur Bibel – und auch die Kapitelüberschriften sind intertextuell aufgeladen und reichen von J.S. Bach-Kantaten bis hin zu Beatlessongs. Große Traditionen werden so bemüht, dabei ist der Grat zur intellektuellen Angeberei sehr schmal. Ohne weiteres hätte der zweite Ibele-Roman jedoch auf diese Intermezzos verzichten können.

Fazit

Die Handlung ist über weite Strecken erheiternd und der lokalen Atmosphäre wegen interessant. Die Rätselspannung lässt jedoch zu früh nach und wird zugedeckt mit zu vielen unnötigen Ausführungen. Dabei würde man sich als Leser wünschen, weiter zum Kern von Isidor Ibele vordringen und wieder mehr mitfiebern zu können.

 

Peter Natter, Ibeles Feuer. Eine Geschichte vom Erben, Bucher Verlag, Hohenems/Wien 2011, ISBN 978-3-99018-044-0

Lesungen: ORF Dornbirn (11.3.), Gasthof Krone Hittisau (13.3.), Buchhandlung M&M Klaus (15.3.), Kronensaal Bludesch (16.3.), Stadtbücherei Bregenz (17.3.), Literaturhaus Schanett Hohenems (18.3.), Pfarrheim Dornbirn-Hatlerdorf (24.3.), Bahnhof Andelsbuch (2.4.)