Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Raffaela Rudigier · 05. Sep 2012 · Literatur

Am Anfang stand die Wut – der Künstler, Maler und Redakteur Christian Zillner im Portrait

Der Protest stand am Beginn der künstlerischen Karriere von Christian Zillner: „Zu malen habe ich aus Wut auf eine Französischlehrerin begonnen. Sie hat mich in der vierten Klasse Mittelschule so geärgert, dass ich nach Hause gegangen bin und mit billigen chinesischen Ölfarben einen Monsterkopf gemalt habe, der den jungen Damen in der Schule gut gefallen hat - seither male ich. Das Gedichteschreiben („Spiegelfeld“) habe ich erst nach Vierzig begonnen. So lange habe ich gebraucht, bis ich zu einem Stoff und über diesen allmählich zu meiner Sprache (Stimme) gefunden habe.“

Wer ist Christian Zillner?

Christian Zillner ist Maler, Autor und Redakteur beim Falter Verlag. Der gebürtige Dornbirner und Wahlwiener ist hierzulande eher selten anzutreffen. "Heimat ist, wo man die ersten Watschen bekommen hat. Die Erinnerung daran heißt Heimweh", heißt es auf dem Klappentext seines neuen Gedichtbands "Rutum erat".

Zillner, Jahrgang 1959, studierte erst Theologie in Salzburg, brach das Studium nach dem ersten Abschnitt ab, ging nach Wien und studierte dort Philosophie. 1987 promoviert er zum Doktor mit seiner Dissertation „Odysseus, Kampfplatz feindlicher Gewalten und unheimlicher Mächte“. Gemeinsam mit Andrea Mörth und Elisabeth Drexel entwickelt er Mitte der 80er Jahre den virtuellen Künstler „Plechazunga Ata“ und wird beim Wettbewerb „Geist & Form“ als vermeintlicher türkischer Maler unter die Gewinner aufgenommen. Ausstellungen, Performances und Installationen in Vorarlberg, Wien und Niederösterreich folgen. Ende der 80er Jahre beginnt er als Redakteur bei der Wiener Stadtzeitung Falter, wo er bis 1995 schreibt. Gemeinsam mit Bildhauer Heinz Meissnitzer baut Zillner Anfang der 90er Jahre den Nexenhof Performance Speicher auf, in dem Kunst-Performance-Tage mit jungen Künstlern stattfinden. 1995 gründet er mit seiner Frau Nora Fuchs die Werbeagentur „Fuchs & Partner“. Seit dem Jahr 2000 ist er Chefredakteur von „Falter Corporate Publishing“ und Magazinentwickler.

Zillner als Schriftsteller

Zillners Opus Magnum heißt „Spiegelfeld“. Es ist ein auf elf Bände angelegtes Versepos, welches durch die Geschichte der aristokratischen Familie Spiegelfeld die Geschichte Österreichs erzählt und zwar vom 10. Jahrhundert weg. Viel davon basiert auf Fakten, manches hat er frei dazuerfunden. Am Adelsgeschlecht der Spiegelfelds interessiert Christian Zillner: „Dass sie feste Flaschen, wie alle Österreicher sind und somit den Geist dieses Landes aufs Vortrefflichste verkörpern.“ Die „Spiegelfeld“-Chronik ist mit einer Auflage von je 500 Stück ein Minderheitenprogramm. Zillner schreibt nicht des Geldes wegen: „Mir ist das Geld egal. Ich würde mir schon wünschen, dass viele Menschen den Spiegelfeld lesen und meine Bilder betrachten, aber unser Bildungssystem bereitet sie auf so etwas nicht vor – leider, oder Gottseidank, je nach dem wie man es sehen möchte.“

Acht von elf Bänden sind bisher erschienen, derzeit schreibt der Autor an Band neun: „Ich stecke etwas fest, da es um zwei ältere Damen mit schrecklichem Schicksal geht, die sich neun Kleinkriege liefern – je früher das Ganze zu Ende ist, umso besser, aber ich kann mich da leider nicht mehr so richtig drängen.“ Warum man heutzutage noch ein Epos lesen soll? „Weil man es nicht still für sich, sondern laut für andere vorliest, zum Beispiel mein Bruder Bernhard, der einen Band seiner Katze vorgelesen hat, oder eine junge Mutter, die es ihrem Baby in der Badewanne vorliest – das sind meine idealen Vor-Leser“ sagt Christian Zillner.

Zillner als Maler

Derzeit kann man auch in Vorarlberg Einblick in sein künstlerisches Schaffen in der agenturengel in Dornbirn (Marktplatz 14) bekommen. „Meine Mythen“ heißt die Ausstellung im Showroom von Eva Engel, in der drei großformatige Acrylbilder und fünf kleinere Aquarelle von Christian Zillner zu sehen sind.

Darunter sind etwa fantastisch anmutende Landschaften, in deren Betrachtung man sich verlieren kann. Der Mensch scheint darin auf den ersten Blick keine Rolle zu spielen. Sieht man jedoch genau hin, so entdeckt man oft am Bildrand oder auch zentral, jedoch recht versteckt Bauwerke, die eigentlich für ihre monumentale Größe bekannt sind, angesichts der übermächtigen Natur im Bild jedoch zusammenschrumpfen und somit ihre eigene Nichtigkeit preisgeben. „Der Turm zu Babel“, „Die große Mauer“, „Die Brücke des Moniseur Pascal“ lauten die sagenhaft klingenden Namen der Werke. „Christian Zillner ist ein großer  Märchenlandschafterschaffer. Er produziert übernaturgeleinwandete Pinselimpressionen in magischen Realismen“, schreibt Tone Fink über die Arbeit seines Künstlerkollegen.

Die schönen Künste

Schreiben und Malen sind für Zillner übrigens keine spannenden Tätigkeiten: „Die Tätigkeiten sind eher fad - meditativ beim Malen, superfad beim Schreiben und sitzen muss man dabei auch noch, so ein Mist.“ Die beiden Künste ergänzen sich für ihn meist wenig: „Es sind eher zwei Fluchtpunkte - wird mir das eine zu blöd, gibt es immer noch das andere. Allmählich aber scheinen sie zusammenzuwachsen, das nächste Malprojekt sind tatsächlich Szenen aus den Spiegelfeld-Bänden.“

Hinter den Kulissen

Geschrieben wird nach wie vor von Hand und gemalt wird ohne Vorlage: „Ich schreibe mit Bleistift in leere Bücher (einige hat mir der Kunstbuchbinder Stefan Ortbauer gestaltet) und tippe es dann in den Computer. Gemalt wird meist am Wochenende und Abend ohne Vorbild, Vorzeichnung und meist auch ohne Ahnung, was da rauskommen soll. Irgendwann ist dann das Motiv und meist auch der Titel des Bildes da, dann geht es darum, es auszuführen.“ Dabei seien seine Bilder offenbar nicht allzu leicht zu vermarkten: „Ich habe keine Ahnung, woran es liegt, manche meinen, eigentlich fürchten sich die meisten Menschen vor meinen Bildwelten.“

Christian Zillner ist ein Tausendsassa und in vielen verschiedenen Bereichen tätig, die sich gegenseitig befruchten: „Die Kunst ist mein Brotberuf, nur leb ich nicht gern vom Brot allein, außerdem muss ich leider sagen, dass Kunst als Beruf furchtbar fad ist. Man muss schon sehr gehandicapt sein, wenn man gar nix anderes machen kann.“

Zillner und Vorarlberg

Was den Wahl-Wiener heute noch mit Vorarlberg verbindet? „Die AUA und fallweise die Intersky. Ich bin gern dort, schätze den Innovationsgeist der Vorarlberger im Vergleich zum Bin-nix-neugierig der Wiener, flieg aber auch immer wieder sehr gern weg.“

 

Christian Zillner

Ausstellung 
„Meine Mythen“, bis 12.10.2012
Öffnungszeiten nach Vereinbarung: 
05572/3981820, hello@agenturengel.eu

Lesung 
„Rutum Erat“ (Dornröschen Verlag)
Fr, 28.9.2012, 18 Uhr 

agenturengel 
Marktplatz 14, Dornbirn