Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 21. Mai 2021 · Film

Was wir wollten

Der Kinderwunsch eines Paares wurde zum wiederholten Mal nicht erfüllt, der Embryo ist abgestorben. Ein Urlaub auf Sardinien soll Erholung bringen, doch die Klarheit zwischen Lavinia Wilson und Elyas M'Barak fällt dann etwas anders aus als gedacht. Ein lakonisch erzählter Beziehungsfilm, der sich immer wieder wie aus dem Leben gegriffen anfühlt.

Ein bisschen ausspannen, im Urlaub zur Ruhe kommen, das empfiehlt die Gynäkologin (Maria Hofstätter) dem Paar, nachdem es im vierten Anlauf mit dem Kinderwunsch nicht geklappt hat. Man kennt das, der Arbeitsstress, der Körper, der darauf reagiert, die kleinen Spannungen des Alltags. Den Routinen entrissen und dann plötzlich zu zweit, das kann aber ins Auge gehen. Auch das kennt man. Und so rollt "Was wir wollten" eine Familienplanung mit kleinem Umweg über Sardinien auf, die noch weiter in die falsche Richtung läuft. Alice (Lavinia Wilson) und Niklas (Elyas M'Barak) sind ein Paar aus Wien, das im Ferienbungalow nicht abschalten kann. Die Abendessen mit Rotwein sind garniert mit Sticheleien und kleinen Kränkungen, die am nächsten Tag einladen, dort weiterzumachen, wo man am Vorabend aufgehört hat. Das glückliche Paar zwischen Hausbau und Kinderplanung entpuppt sich immer mehr als dünne verletzliche Oberfläche, die vielleicht nur durch die gemeinsamen Lebensziele zusammengehalten wurde. Verschärft wird die Lage durch eine Tiroler Familie, die die andere Hälfte des Ferienhauses bewohnt. Die Kinder nerven Alice, und bald auch schon die erdige Lockerheit der Eltern, die kein Bedürfnis nach Distanz zu haben scheinen. So findet sich Niklas mit dem Tiroler Romed (Lukas Spisser) auf dem Tennisplatz, während dessen Frau Christl (Anna Unterberger) als Hobbyastrologin den Paarproblemen nachspürt. Das Urlaubscamp als Ort der Wahrheit, die eigentlich niemand gesucht hatte. Ätsch, ein Entkommen gibt es natürlich nicht. Und auch bei den Tirolern mit Kindern läuft  nicht alles rund. Deren Sohn möchte "die Brücken abbrechen", der Wunsch nach Kindern bekommt hier noch eine eigene, fast fremd anmutende Dimension. 

Zwischen den Zeilen

"Was wir wollten" basiert auf der Erzählung "Der Lauf der Dinge" des Schweizer Autors Peter Stamm. Die gebürtige Innsbruckerin Astrid Kofler hat gemeinsam mit Marie Kreutzer und Sandra Bohle das Drehbuch verfasst, dem es durchwegs gelingt, das einzufangen, was in Paarbeziehungen oder auch in neuen Bekanntschaften an Pein und Peinlichkeiten so schnell in der Luft liegen kann. Koflers Inszenierung wirkt dabei wie aus dem Leben gegriffen. Die Differenz zwischen dem Umgang eines aufgeschlossenen Paares und der  Distanz, die sich bei jeder neuen Annäherung auftut, wird hier ebenso lapidar wie glasklar herausgearbeitet. Die beiden deutschen Schauspieler Lavinia Wilson und Elyas M'Barak entziehen sich in diesem Beziehungslabor langsam und stetig der Kontrolle über einander und sich selbst. Koflers Film merkt man an, dass sie viele Jahre Erfahrung als Editorin (etwa für "Wilde Maus" oder "Gruber geht") gesammelt hat, der Rhythmus des Films ergänzt die lakonische, zeitweise ironische Erzählweise. Von Milieus wie diesem zu erzählen, in denen man sich vernünftig und auf Augenhöhe begegnet, ist keine leichte Übung. Es geht darum, die Zwischentöne einzufangen und das, was man vordergründig nicht sieht, was sich aber dennoch beständig aufbaut. Und vielleicht muss man sich auch im Verzicht auf dankbare, laute Momente üben, in denen die Intensität aber trotzdem nicht nachlässt. In "Was wir wollten" ist das ganz gut gelungen.