Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 20. Mai 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (21.5. - 27.5. 2021)

Auch die Filmclubs bieten ab dieser Woche wieder ein volles Programm. Das TaSKino Feldkirch zeigt so unter anderem die deutsche Komödie "Kiss Me Kosher". Beim Filmforum Bregenz kann man dagegen das dichte iranische Kammerspiel "Yalda" entdecken.

Kiss Me Kosher: Kräftige Farben, flotte Musik und die dynamisch auftretende Shira (Moran Rosenblatt) stimmen auf eine leichte Komödie ein. Offen lebt die junge Israelin ihre Homosexualität. Weder ihre Eltern noch ihre Oma (Rikva Michaeli), von deren heimlicher Beziehung zu einem Palästinenser nur Shira weiß, haben ein Problem damit. Diffiziler ist schon, dass sie sich nun in eine Deutsche verliebt hat. Weil Maria (Luise Wolfram) Shira aus einem Missgeschick heraus mehr spielerisch als ernst gemeint sogar einen Heiratsantrag gemacht hat, werden die familiären Beziehungen, aber auch die Spannungen intensiver.
Mit ansteckender Spielfreude agiert zwar das Ensemble, das vom Amerikaner John Carroll Lynch als Shiras Vater über Juliane Kohler als Marias Mutter bis zu Moran Rosenblatt und Luise Wolfram als lesbisches Liebespaar und Rivka Michaeli als starke Oma Berta reicht. Die Regie von Shirel Peleg ist aber ziemlich fahrig, lässt eine klare Fokussierung und Stoßrichtung vermissen. Vieles wird angerissen, aber nichts wirklich vertieft und seltsam in der Luft hängen auch drei von der Handlung losgelöste Musikeinlagen mit Hochzeitsliedern, die den Film gliedern.
Aus der Bahn werfen diese leichte Komödie aber auch ernste Passagen, wie der Besuch eines Holocaust-Museums oder die im Hintergrund durchschimmernden israelisch-palästinensischen Spannungen.
Gut gemeint ist diese Culture-Clash-Komödie zweifellos. Doch so positiv das Plädoyer für Toleranz hinsichtlich sexueller Beziehungen und für den Abbau von kulturellen und ethnischen Barrieren sowie für eine Überwindung der belasteten deutsch-israelischen Geschichte auch ist, so will "Kiss Me Kosher" trotz rasanter Dialoge und flotter Musik nicht richtig zünden.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Sa 22.5. bis Do 27.5.

Yalda: In Massoud Bakhshis Kammerspiel soll eine junge Frau, die wegen Mordes an ihrem 40 Jahre älteren Ehemann zum Tode verurteilt wurde, in einer Reality-Show die Tochter des Verstorbenen um Vergebung bitten und so eine Umwandlung der Todesstrafe in Haft und Bezahlung eines Blutgelds erreichen.
Große Dichte und Kompaktheit entwickelt "Yalda" nicht nur durch die räumliche und zeitliche Konzentration auf das Fernsehstudio und die Show, sondern auch durch die nah an den Personen geführte, bewegliche Kamera. Zudem überträgt die gedrängte und dynamische Inszenierung auch die Anspannung der Protagonistin direkt auf den Zuschauer.
Markante Gegensätze prallen dabei aufeinander, wenn Witwe und Tochter des Verstorbenen sich vor dem Moderator gegenübersitzen. Während die Tochter sich als selbstbewusste und kühle Werbegrafikerin präsentiert, agiert die Witwe zunächst sehr unsicher, später impulsiv. Rasch wird nicht nur das gesellschaftliche Gefälle sichtbar, sondern auch das gönnerhafte Gehabe der Tochter, die der Oberschicht angehört, und die vielfältigen Abhängigkeiten der Unterschicht.
An die Filme Asghar Farhadis erinnert dabei, wie langsam gut gehütete Geheimnisse ans Licht kommen und für überraschende Wendungen sorgen. Zunehmend plastischer wird so das Bild einer patriarchalen Gesellschaft und eines archaischen Rechtssystems, gleichzeitig rechnet Bakhshi aber auch mit dem Zynismus einer Fernsehsendung ab, die menschliche Schicksale zum publikumsattraktiven Spektakel missbraucht.
So unglaublich diese Begnadigungs-Show auch klingt, so hat sie Bakhshi dennoch nicht erfunden, sondern sich von der iranischen Talk-Show "Mah-e Asal" ("Flitterwochen") inspirieren lassen: Von 2007 bis 2018 wurde diese während des Fastenmonats Ramadan täglich gesendet und begeisterte Millionen von Zuschauern im ganzen Land.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 27.5., 20 Uhr


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