Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Gunnar Landsgesell · 03. Mai 2019 · Film

Vorhang auf für Cyrano

Kein Aufguss von des Franzosen Lieblingstheaterstück "Cyrano de Bergerac", sondern eine bunt wirbelnde Komödie über dessen Entstehungsgeschichte steht hier auf dem Programm. Viel wird gereimt, nicht alles macht Sinn, doch dafür hat es Tempo und Witz. Als Vorbild diente die britische Erfolgskomödie "Shakespeare in Love", das gibt Regisseur Alexis Michalik unumwunden zu.

Plácido Domingo hat ihn in der Oper verkörpert, Gérard Depardieu im Film und nun kehrt die vielleicht beliebteste Theaterfigur Frankreichs erneut auf die Leinwand zurück: „Vorhang auf für Cyrano“ bietet in flotten Versen eine fiktionale Entstehungsgeschichte des Theaterstücks von 1897. Im Mittelpunkt steht damit nicht Cyrano de Bergerac mit der grotesk langen Nase, sondern dessen Erfinder, der bis dahin erfolglose Autor Edmond Rostand. Innerhalb weniger Tage muss er ein neues Stück auf die Bühne zaubern. In seiner Not greift Edmond (Thomas Solivérès) die Eindrücke aus seiner Umgebung auf und verwurstet sie aus Jux und Tollerei zu mitunter sinnfreien Reimen. Über Cyrano heißt es bald auf der Bühne: „In seinem Gesicht das reinste Kolbengeweih, Erstaunen, das grenzt ja fast an Hexerei. Man lacht, denkt, gleich nimmt er es ab, Monsieur de Bergerac jedoch, nimmt es mit ins Grab.“

Ein Film als sanft drehendes Fest

Regisseur Alexis Michalik inszeniert statt eines steifen Historienspiels eine luftige, bunt dahin wirbelnde Komödie, die kein Hehl daraus macht, dass die britische Erfolgskomödie „Shakespeare in Love“ als Vorbild gedient hat. Dabei geht es weniger darum, eine Entstehungsgeschichte des Stücks zu rekonstruieren als die Pariser Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert selbst als Bühne zu begreifen. Rostand vermittelt für seinen Freund Leo (Tom Leeb) eine Liebschaft, indem er die Gefühle der Frau durch die von ihm gereimten Verse auf den Kumpanen lenkt. Dass die daraus entstehende Verwechslung nicht gut gehen kann und er selbst bald zum Objekt der Anbetung wird, ist sonnenklar. Aber auch der verschuldete Betreiber des Theaters und die unwirschen Geldgeber, die einen finanziellen Erfolg einfordern, öffnen ihre Münder immer öfter in Versform, was einer gewissen Komik nicht entbehrt. "Cyrano" erinnert in seinem unvermittelten verspielten Einsatz des Reimens ein wenig an Resnais' "Das Leben ist ein Chanson", weil das ganze Leben tatsächlich zu einer lyrischen, heiteren Veranstaltung verschmilzt. Zu den obersten Werten scheinen Tempo und Witz zu gehören, auch wenn Regisseur Michalik auf romantische Zwischentöne nicht vergisst. Die Idee, das klassische Bühnenstück mit einer fiktiven Entstehungsgeschichte zu verbinden, geht zwar nicht immer auf. Ein schwarzer Kaffeehausbetreiber und Alltagsphilosoph, der dem anfangs verzweifelten Rostand zum Mutmacher wird, fühlt sich nicht besonders stimmig an, so wie auch einige andere Charaktere (z.B. Anton Tschechow) ein wenig konzeptuell wirken. Im Sinne des Autors sollte man diesen Film aber wohl eher als "Fest" verstehen, dessen sanfte Drehungen einen unmerklich berauschen. "Vorhang auf für Cyrano" folgt auch einer Einsicht, die die Schauspieler hinter der Bühne äußern: "Dieses Stück wird man in hundert Jahren noch spielen. Alle werden sich an den Autor erinnern und uns Schauspieler wird man vergessen haben, wir spielen nur für den Augenblick." Bei Michalik darf der Autor selbst nun sichtbar seine Welt für das Publikum formen.