Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 02. Mai 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.5. - 9.5. 2019)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche die deutsche Tragikomödie „Glück ist was für Weicheier“. Bei mehreren Filmclubs steht in dieser bzw. in den kommenden Wochen Barry Jenkins meisterhafter Liebesfilm „Beale Street – If Beale Street Could Talk“ auf dem Programm.

Glück ist was für Weicheier: Während die anderen Mädchen und Jungs im Umkleideraum des Hallenbads herumtollen, sitzt die etwas pummelige 12-jährige Jessica (Ella Frey) allein in einer Ecke. Nervös zieht die Außenseiterin, die viele für einen Jungen halten, an ihren Socken und zählt halblaut vor sich hin, um die Macht von ihrer Meinung nach bösen Zahlen zu bannen. Befreit wirkt sie nur, wenn sie ins Schwimmbecken springt und darin untertaucht, förmlich vom Leben abtaucht.
Ganz auf Augenhöhe und nah dran an dem von Ella Frey großartig gespielten Teenager ist Anca Miruna Lăzărescu, vermittelt einfühlsam und bewegend deren Gefühlschaos und Sehnsucht nach Anschluss, aber auch deren Liebe für und Sorge um ihre etwa vier Jahre ältere Schwester Sabrina (Emilie Bernsdorf). Sie war im Gegensatz zu Jessica überall beliebt, leidet jetzt aber an einer unheilbaren Lungenkrankheit. Schwer belastet das die Familie, deren Mutter schon kurz nach Jessicas Geburt gestorben ist. Liebevoll kümmert sich der Vater (Martin Wuttke) um die beiden Töchter, ist aber nie über diesen Verlust hinweggekommen und versucht ihn nun als ehrenamtlicher Sterbebegleiter zu verarbeiten.
So ernst die Themen Tod und Verlust auch sind, so hoffnungsvoll bleibt dennoch der zweite Spielfilm der 40-jährigen in Rumänien geborenen und in Deutschland aufgewachsenen Regisseurin. Sicher hält sie die Balance zwischen der tieftraurigen Realität, die nicht beschönigt wird, und einer Leichtigkeit, für die immer wieder humorvolle Momente sorgen. Man muss die beiden Töchter und ihren in seiner Hilflosigkeit gleichzeitig unglaublich komischen wie bedauernswerten Vater einfach mögen, denn man spürt immer das Mitgefühl, das Lăzărescu ihnen entgegenbringt.
Einzig einige Abschweifungen, die in der Luft hängen und mehr verwirren als die Handlung vorantreiben, stören den Gesamteindruck dieser im Blick auf die Kleinfamilie und ein Coming-of-Age unter erschwerten Bedingungen starken Tragikomödie.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 3.5., 22 Uhr

 

Beale Street – If Beale Street Could Talk: Barry Jenkins („Moonlight“) erzählt in seiner Verfilmung von James Baldwins 1974 erschienenem Roman von einer großen Liebe zweier junger Afroamerikaner in Harlem und deren Bedrohung durch Rassismus und Polizeigewalt.
Statt linear die Handlung zu entwickeln entwickelt Jenkins, unterstützt vom Voice-over der jungen Tish, ausgehend vom Gefängnisaufenthalt ihres Freundes „Fonny“ in assoziativer Erzählweise ein dicht gewobenes Netz aus Rückblenden und gegenwärtiger Handlung. Meisterhaft erzeugt er dabei durch das Spiel mit Farbe und Licht, mit Großaufnahmen, Dialog und vor allem viel Jazzmusik, die hier eine tragende und die Gefühle entscheidend intensivierende Rolle spielt, Momente dichtester Stimmung und beweist gleichzeitig größte Zärtlichkeit und Feinfühligkeit im Blick auf seine Protagonisten. – Nicht so sehr um Handlung, sondern vielmehr um die Vermittlung eines Gefühls für die unterschiedlichen Lebenswelten der Schwarzen und ihre Empfindungen geht es Jenkins und man spürt in jeder Szene, dass dieser Film ein Herzensprojekt war.
Kurz evoziert der 39-jährige Afroamerikaner mit einer Badewannenszene die gemeinsame Kindheit des jungen Paares, macht mit wenigen Liebesszenen die Tiefe ihrer Liebe erfahrbar. Die langen Einstellungen und Schwenks vermitteln dabei ebenso ihre Zusammengehörigkeit und Verbundenheit wie in den Gefängnisszenen harte Schnitte ihre Trennung.
Eindrücklich prangern Baldwin und Jenkins den Rassismus, die Polizeigewalt und die rassistische Justiz in den USA an, im Zentrum steht aber eine Liebesgeschichte, die gegen diese Bedrohungen von außen Bestand haben wird, bis mit dem Schlusslied „My Country, 'Tis of Thee‘“ mit der Zeile „Lasst die Glocken der Freiheit in Amerika ertönen“, das sich schließlich zu einem „Lasst die Glocken der Freiheit in der Welt ertönen“ steigert, die Hoffnung verbreitet wird, dass eine Änderung der Verhältnisse möglich ist.
Spielboden Dornbirn: Sa 4.5., 19.30 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 9.5., 20 Uhr + Sa 11.5., 22 Uhr
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 22.5., 19 Uhr