Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 14. Jän 2011 · Film

The Green Hornet

Nach phantasievoll-verspielten Filmen wie „Vergiss mein nicht!“ und „Science of Sleep“ hat Michel Gondry mit der Comicverfilmung „The Green Hornet“ einen gesichtslosen Blockbuster gedreht, der jedes Interesse an Story und Figuren vermissen lässt. Nur die Fülle an Verfolgungsjagden, Action und Explosionen hält den Zuschauer halbwegs bei der Stange.

Gangster Chudnofsky (Christoph Waltz) kontrolliert L. A. Wer ein Unternehmen eröffnen möchte, muss ihm Abgaben leisten. Ein Neuling will sich nicht daran halten, will Chudnofsky zeigen, dass seine Zeit vorüber ist. Er macht sich lustig über den nicht gerade modisch gekleideten Mann, stellt klar, dass jetzt seine Zeit mit Angestellten in Designer-Anzügen von Armani und Gucci angebrochen sei. Eingeschüchtert wirkt Chudnofsky, bleibt ganz ruhig, zieht dann aber plötzlich seine doppelläufige Pistole und knallt die vier Leibwächter des Gegenübers blitzschnell ab. Den Boss lässt er scheinbar am Leben, sprengt aber nach Verlassen des Gebäudes die ganze Hütte in die Luft.

Infantile Helden

Gelungen und dicht ist dieser Auftakt. Geschickt spielt Gondry mit dem Image, das sich Christoph Waltz mit „Inglourious Basterds“ erworben hat, wendet sich dann aber dem jungen Britt Reid (Seth Rogen) zu. Dieser gibt sich zum Leidwesen seines Vaters (Tom Wilkinson), dem lokalen Zeitungsmogul, zu dem Britt seit seiner Kindheit ein gestörtes Verhältnis hat, nur dem Partyleben hin, kennt nichts als Genuss. Wenig berührt ihn folglich auch der Tod seines Vaters durch einen Bienenstich, mehr regt ihn auf, dass er keinen guten Capuccino mehr bekommt, da er selbst Kato (Jay Chou), der nicht nur die Autos des Vaters in Schuss hielt, sondern auch den Kaffee zubereitete, kurz nach dem Begräbnis gefeuert hat.
Auf seinen Capuccino will Britt aber nicht verzichten, und stellt deshalb Kato wieder ein. Als er auch noch erfährt, dass der junge Chinese ein begnadeter Tüftler ist, der den Wagenpark des Vaters mit kugel- und schlagsicheren sowie mit allerlei Waffen ausgestatteten Wagen auffrisiert hat, sieht der junge Playboy in ihm einen Partner, mit dem er in der Stadt wilde Streiche treiben kann. Den Kopf der Büste, die zur Erinnerung an den Vater im Stadtpark aufgestellt wurde, sägen sie nachts heimlich ab, kommen dabei aber auch mit gewalttätigen Jugendlichen in Kontakt, die Kato mit seiner Fähigkeit sich rasant Überblick über die Situation verschaffen zu können und seinen Kampfkünsten überwältigt.
Von seiner Zeitung aus, dem „L.A. Sentinel“, will Britt die Jagd auf den Schänder der Statue, dem er selbst den Namen „Die grüne Hornisse“ gibt, anheizen, will sein Alter Ego zur großen Figur aufbauen, kommt mit seinen Aktionen aber bald Chudnofsky in die Quere und wird so von Gangstern und Polizei gejagt. Und auch privat geht’s drunter und drüber, denn Eifersucht kommt zwischen Kato und Britt auf, als sich beide in die neue Sekretärin Leonore (Cameron Diaz), die sich mit Kriminologie bestens auskennt, verlieben. So kommt es zum großen Krach zwischen dem Duo, bis sie am Ende gegen die gemeinsamen Feinde doch wieder zusammenspannen.

Klare Linie fehlt

„The Green Hornet“ entstand in den 1930er Jahren als Radioserie, erschien zwischen 1940 bis 1993 als Comic und in den 1960er Jahren gab es auch eine TV-Serie um diesen Superhelden. Was Michel Gondry, der sich in den 90er Jahren mit innovativen Musikvideos unter anderem für Björk und die Rolling Stones einen Namen machte, und dem mit „Vergiss mein nicht!“ und „Science of Sleep“ zwei ganz wunderbare und unvergleichliche Spielfilme gelangen, nun daran gereizt hat diesen infantilen Superhelden in 3 D auf die Leinwand zu bringen, bleibt leider völlig unklar. Kaum mehr etwas ist da von der Verspieltheit und Fantasie des Franzosen zu finden, ein kaltes Routineprodukt, bei dem weder Figuren noch eine Handlung entwickelt werden, ist diese Comic-Verfilmung.
Recht beliebig werden Szenen aneinander gereiht, um durch äußeren Handlungsreichtum, Effekte und Spektakel über die innere Leere hinwegtäuschen. Einzig in den schrulligen Figuren, in ihrer schwierigen Beziehung zur Sekretärin Leonore kann man am Rande noch einen Hauch des Gondry der früheren Filme spüren.
Nie findet Gondry auch eine klare Linie. In Britts ersten Auftritten könnte man noch eine Satire auf Genusssucht wittern, doch dieser Aspekt wird so wenig entwickelt, wie die Parodie auf Superhelden, die sich angesichts der Infantilität des Protagonisten angeboten hätte. Müde kommen auch die ironischen Momente daher, zu zaghaft sind die comichaften Überzeichnungen um als greller Comic zu funktionieren und zum trashigen B-Movie fehlt Gondry der Mut im Stile eines Robert Rodriguez rücksichtslos Grenzen zu überschreiten.

Hohles Spektakelkino

Und neben all diesem bemüht Witzigen spielt auch durchaus ernst die Verfilzung von Iudikative, Verbrechen und Medien hinein, wird die Macht der Medien, die sich fürs Gute entscheiden und den Korruptionssumpf aufdecken, gefeiert und auch eine Entwicklungsgeschichte vom unreifen Kind zum verantwortungsvollen Erwachsenen und vom Vaterhasser zum Verehrer des Vaters erzählt. Weder lässt sich hier eine klare ironische Brechung und ein Spiel mit Motiven von Superheldenfilmen ausmachen, noch wird eine Szene oder ein Motiv verdichtet. In der Fülle verliert sich Gondry und mit ihm „The Green Hornet“ im Nichts: Christoph Waltz steht auf verlorenem Posten, weil die Gangstergeschichte bestenfalls rudimentär entwickelt wird, Cameron Diaz bleibt nur ein optischer Aufputz, weil die Liebes- und Eifersuchtsgeschichte in Ansätzen stecken bleibt und auch das Buudy-Movie-Potential, das sich aus dem ungleichen Duo Britt Reid - Kato ergeben könnte, wird nicht ausgeschöpft.
Der Materialverschleiss ist zweifellos enorm, wenn sich aus dem Nichts heraus eine Kontroverse zwischen Kato und Britt entwickelt, bei der das ganze Wohnzimmer zertrümmert wird, doch dies ist ebenso mehr ermüdend als witzig wie das endlose Finale mit Verfolgungsjagden und Geballere. Da mögen noch so viele Autos zerlegt werden, noch so viele Utensilien zu Bruch gehen und noch so viel Glas klirren - Weder Witz noch Spannung kommen bei diesem ebenso lauten wie hohlen Spektakelkino  auf.