Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Gunnar Landsgesell · 11. Jun 2019 · Film

The Dead Don't Die

Die urbanen Hipster aus der Stadt sind schuld, dass die Zombies hier auftauchen, mutmaßt man im Film. Wie wahr ... Jim Jarmusch hat das unsterbliche Thema der Zombie-Filme wie zu erwarten als lakonische Komödie gestaltet, in der die Akteure durchwegs (Selbst)Ironie beweisen dürfen.

Störungen im Fernsehen sind oft ein unheilvolles Zeichen. Wenn das Bild flackert, sind zuweilen höhere Mächte am Werk. Auch in Jim Jarmuschs „The Dead Don’t Die“ kündigt sich alsbald Gröberes an, wiewohl das Kleinstadtleben noch in gewohnten Bahnen verläuft. Die zwei Polizeibeamten Cliff Robertson (Bill Murray) und Ronnie Peterson (Adam Driver) fahren wie üblich Patrouille, während im örtlichen Pub Hank Thompson (Danny Glover) und Farmer Miller (Steve Buscemi) in vertrauter Runde ihre Sprüche zum Besten geben. Die nächsten Gäste, die da hereinstolpern, wirken aber nicht mehr ganz so menschlich, man wird Zeuge der einzig wirklichen Gore-Szene im Film. Die später am Tatort eingetroffenen Beamten Cliff, Ronnie und Minerva Morrison (Chloë Sevigny)  können sich die freigelegten Gedärme der Opfer nicht so recht erklären, war es ein wildes Tier? Erst als Ronnie auf Zombies tippt, weiß der Zuseher, damit liegt der Mann goldrichtig.

"Das geht nicht gut aus" 

Ein Zombie-Film von Jim Jarmusch, das klingt trotz seines Vampirfilms Only Lovers Left Alive, ein wenig abstrus. Handelt es sich dabei doch um ein Sub-Genre für eingefleischte Fans, das nicht gerade für sein komödiantisches Potenzial geliebt wird. „The Dead Don’t Die“ geht die Sache selbstverständlich anders an: Ein lakonisch bis melancholisches Werk, in dem die Bewohner dieser Kleinstadt trotz dramatischer Entwicklungen alle Zeit der Welt zu haben scheinen und jede Forcierung des Tempos fast trotzig zurückweisen. Die Akteure in dieser Handlung sind keine Getriebenen, die das Ruder noch herumzureißen versuchen, bevor alles zu spät ist, sondern blicken dem Unvermeidlichen fast stoisch entgegen. „Das wird kein gutes Ende nehmen“, ist einer der Running Gags von Adam Driver. Woher er das denn so genau wisse, fragt Bill Murray ihn irgendwann einmal. Jim hat mir das Script gegeben, lautet die Antwort. Während von einer globalen Zombie-Epidemie berichtet wird und die totale Vernichtung des Planeten droht, ist Murray gekränkt, dass „Jim“ ihm nicht auch das ganze Drehbuch gezeigt hat: „nach allem, was ich für ihn getan habe“. Insofern ist „The Dead Don’t Die“ ein Film, der mit seiner Ironie und selbstreflexiven Form ganz dem Universum von Jarmusch entspringt. Der Meister mit den weißen Haaren und der ewigen Sonnenbrille versammelt wie üblich eine illustre Runde an Akteuren. Iggy Pop, Tom Waits und RZA haben sich als Zombies verkleidet, während Tilda Swinton als ortsbekannte Priesterin mit Samurai-Schwert ein paar Köpfe abhobelt. Swinton wirkt dabei fast schon außerirdischer als die behäbigen Ghouls, die mit einer gewissen Schwermut ihre Arbeit verrichten. „The Dead Don’t Die“ dagegen wirkt wie ein „Bad Dream“, ein Eindruck, den schon andere Filme Jarmuschs wie „Dead Man“ oder „Ghost Dog“ vermittelt haben. Da scheint sich eine Lücke aufzutun, die den Moment zwischen Leben und Tod einfängt, man könnte auch sagen, eine andere Stufe des Bewusstseins, als würde die Wahrnehmung in schleichendem Tempo eingenebelt. Ein Werk das einem altbekannten Genre noch eine andere Seite abgewinnt und in seiner Berechenbarkeit dann doch mit einer eigenen Qualität überrascht. Und natürlich dürfen auch popkulturelle Anspielungen nicht fehlen: Schuld an der Misere sind wohl die Hipster aus der Stadt, die sich in einem Hotel einquartiert haben, behaupten ein paar Bewohner. Jim Jarmusch muss es wissen.