Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 13. Jun 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (14.6. - 20.6. 2019)

Am Spielboden Dornbirn begleiten diese Woche Peter Madsen & CIA mit ihrer Musik live Fritz Langs Stummfilm „Der müde Tod“. Ein packendes Kammerspiel steht dagegen mit dem dänischen Film „The Guilty“ bei der LeinwandLounge in der Remise Bludenz auf dem Programm.

The Guilty: In der Notrufzentrale der Polizei geht der Anruf einer Frau ein, die offensichtlich von ihrem Ex-Mann entführt wurde. Der Polizist Asger, der den Anruf entgegen nimmt, versucht in Telefonaten ihren Aufenthaltsort herauszufinden, kämpft aber auch mit einer persönlichen Schuld.
Nie verlässt Gustav Möller in seinem Debüt, in dem auch erst ganz am Ende Filmmusik einsetzt, die Notrufzentrale. In jeder Szene ist der von Jakob Cedergren intensiv gespielte Asger präsent. Groß- und Nahaufnahmen dominieren, kaum einmal weitet sich der Blick mit einer distanzierteren Einstellung. Auch die dunklen Farben Grau, Blau und Grün erzeugen eine klaustrophobische Stimmung, rot leuchtet hier nur die Signallampe bei eingehenden Anrufen.
In Echtzeit begleitet der Zuschauer den Protagonisten bei seiner Arbeit und ist in dem asketisch kargen, aber durch seine Konsequenz packenden Kammerspiel, das über die Anrufe die Welt in die Notrufzentrale holt, immer nur auf dem Wissensstand Asgers.
Wie dieser muss sich der Zuschauer aus dem Gehörten eine Geschichte zusammenreimen. Die Aussagen und Erzählungen der Anrufer oder Angerufenen lassen Bilder im Kopf entstehen. So aktiviert dieser durch die räumliche und zeitliche Engführung so packende Thriller auch meisterhaft die Fantasie des Zuschauers, macht ihn zum Mitspieler.
Eindrücklich wird dabei auch erfahrbar, wie leicht man als Ohrenzeuge auch voreilige und falsche Schlüsse zieht, wenn man sich ganz auf die Schilderung eines Gesprächspartners verlassen muss – und welche verheerende Folgen eine solche Fehleinschätzung haben kann.
LeinwandLounge, Remise Bludenz: Mi 19.6., 19 Uhr


Peter Madsen & CIA play Silent Movies: Der müde Tod:
1920 war Deutschland von der Niederlage im Ersten Weltkrieg gezeichnet, Umsturzversuche von Links und Rechts destabilisierten das Land, Hunger und Inflation belasteten die Bevölkerung. Auch das Kino bot nicht die Möglichkeit der Flucht in eine heile Welt, sondern spiegelte in düsteren Werken wie „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920) oder „Nosferatu“ (1922) die Verunsicherung und den Fatalismus der Zeit.
Ausweglos ist für die Heldin auch die Situation in Fritz Langs Meisterwerk. In der Rahmenhandlung, die in einem mittelalterlichen deutschen Städtchen spielt, bittet eine junge Frau den Tod ihr den verstorbenen Geliebten zurückzugeben. Unter der Bedingung, dass sie eine von drei Kerzen vor dem Erlöschen bewahrt und somit eines von drei Menschenleben rettet, willigt der Tod ein: In Traumepisoden werden drei voneinander unabhängige, unglücklich verlaufende Liebesgeschichten aus dem Venedig der Renaissance, aus dem märchenhaften China und aus dem Bagdad der Kalifen erzählt. - Obwohl der Tod seines Amtes müde ist und sich danach sehnt, von der jungen Frau „besiegt“ zu werden, scheitert sie in ihrem Unterfangen: Das Schicksal kann nicht aufgehalten werden.
Wie viele Filme Langs lebt auch dieser weniger von der Bewegung mit der Kamera und der Montage als vielmehr von der Modellierung des Raums durch großartige Bauten und eine geschickte Lichtregie: Flackernde Kerzenlichter verbreiten in der Halle des Todes ein Klima von Vergänglichkeit und Ausweglosigkeit, tief angesetzte Scheinwerfer setzen drohende Akzente und verwinkelte Bauten schaffen in der Rahmenhandlung eine düstere Atmosphäre.
Beeindruckend waren zumindest zur Entstehungszeit auch die technischen Tricks, die Douglas Fairbanks in „The Thief of Bagdad“ (1924) kopierte. Ein - allerdings etwas ruckartig - fliegender Teppich fehlt hier ebenso wenig wie ein Zauberpferd oder eine Armee von Liliputanern.
Spielboden Dornbirn: Mi 19.6., 20 Uhr

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