Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Gunnar Landsgesell · 26. Sep 2019 · Film

Ready or Not - Auf die Plätze, fertig, tot

Eine Horror-Satire, die dem Geheimnis der Superreichen nachspürt. Eine junge Frau, die in eine Glücksspiel-Dynastie einheiratet, findet sich noch in der gleichen Nacht als Opfer einer Menschenjagd. Die frivol-bizarren Nebentöne dieser Geschichte dürfen gleichermaßen als Genre-immanente Jokes wie auch als kritische Milieuschilderungen verstanden werden.

Claude Chabrol war so etwas wie der Chronist des Großbürgertums und der Abgründe der Reichen. In seinen Filmen offenbarten sich deren Spleens und moralische Abgründe in immer neuen Facetten. Die Horror-Farce „Ready or Not“ des US-amerikanischen Regie-Duos Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett ist natürlich keine strenge Milieustudie im Chabrol’schen Sinn, ähnelt aber in ihrem abgrundtiefen Sarkasmus an einen Blick, in dem die bedingungslose Absicherung der eigenen Existenz wichtiger wird als jeder Gedanke an Humanismus. „Ready or Not“ ist im Milieu der Großindustriellen angesiedelt, einer Familie, deren Reichtum auf einem Glücksspiel-Imperium basiert. Allerdings – schließlich hat man es hier mit einem Horrorfilm zu tun – baut der Wohlstand auch auf einem bizarren Familienritus auf. Sobald jemand in die Familie einheiratet, wird per Los entschieden, welches Gesellschaftsspiel als Initialritus dient. Grace (Samara Weaving aus „The Babysitter“), eine attraktive junge Frau und früheres Waisenkind, die nun vermeintlich das große Los gezogen hat, sieht sich schon bald in ein Gesellschaftsspiel verwickelt, das alles andere als harmlos ist. Für diese Nacht heißt es Hide and Seek, das sich in den unheimlichen Räumen der ausladenden Villa allerdings als Spiel auf Leben und Tod entpuppt. Als wäre es ein Fluch, müssen die Reichen Graces Tod erzwingen, um nicht selbst in der gleichen Nacht einen kollektiven Tod zu sterben und - vielleicht noch schlimmer - ihren Reichtum vernichtet zu sehen.

Freche Satire

Obwohl „Ready or Not“ den unernsten Tonfall einer Farce anschlägt, in der die bizarren Todesfälle durch Beile und andere altertümliche Gerätschaften immer auch eine ironische Seite haben, sind in dieser blutigen Horror-Komödie doch ganz nebenbei Wahrheiten über das Leben an sich zu erfahren. So wird eher davon abgeraten, in eine superreiche Familie einzuheiraten, denn Grace hat schon ihre Mühe, zumindest die erste Nacht mit ihrem frisch Angetrauten (Mark O’Brien als Alex) zu überleben. Ein Speiseaufzug wird zum lebensrettenden Rückzug, ebenso wie die Sträucher und Hecken des herrschaftlichen Anwesens. „Ready or Not“ ist ein sorgfältig ausgestaltetes Drama, angesichts der barocken Schauwerte fast wie ein Kostümfilm anmutend, und dennoch eine freche Satire, in der selbst Andie MacDowell als böse Schwiegermutter wenig Erbarmen kennt. Irgendwie fühlt man sich auch an den rabenschwarzen Horrorfilm „Get Out“ von Jordan Peele erinnert, wenn das Opfer ebenfalls ganz arglos das Haus einer scheinbar wohlwollenden Familie betritt, um danach in ein ungeahntes Rückzugsgefecht verwickelt zu werden. Der Horror beginnt quasi an der Eingangstür respektabler Familien.