Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 04. Aug 2017 · Film

Planet der Affen: Survival

Mit einer düsteren Kriegsvision endet die Trilogie von "Planet of the Apes". Die Menschenaffen haben die Menschen fast ersetzt, dennoch bleibt das große Thema die Frage nach dem Humanismus. Regisseur Matt Reeves lässt dabei die Grenzen zwischen Mensch und Tier verschwimmen.

Es ist die Ruhe im Regenwald, die einen beängstigt. Ein Spähtrupp militärisch ausgerüsteter Männer pirscht sich an einen Posten argloser Menschenaffen an. Die Verständigung der schwer Bewaffneten findet in nahezu völliger Stille statt, und man vermeint, die Tropfen, die der dichte Wasserdunst zwischen den Bäumen produziert, auch auf die Kinosessel neben einem tropfen zu hören. Wenn der Kampf schließlich ausbricht, ist das Intro für den dritten, ausgesprochen düster inszenierten Teil der „Planet of the Apes“ Trilogie vollbracht. „Planet der Affen: Survival“ folgt im Grunde der Logik des Kriegsfilms – und auch wieder nicht. Die Menschen sind bis auf wenige Exemplare dezimiert, man kann von einer apokalyptischen Version der Erde sprechen. Wären da nicht die Menschenaffen, die in diesem dritten Teil vollends die Perspektive auf den Kopf gestellt haben. Wir blicken durch ihre Augen nun auf die Menschen, als wären sie die Tiere, die Affen, die es zu domestizieren gilt. Mittendrin befindet sich Caesar (Andy Serkis), dessen innere Kämpfe diese Erzählung weit stärker akzentuieren als die heftigen, aber kurz ausagierten Scharmützel dieses Films. Caesar, der gereifte Anführer der Affen, kämpft erneut mit seinen Emotionen und bewegt sich als zerrissene Figur zwischen weisem Führer und einsamem Kämpfer. Soll er seinem Hass auf die Menschen, die ihm selbst durch Hinterlist einen Teil seiner Familie geraubt haben, nachgeben, oder soll er seine Gefühle zum Wohl der Primaten disziplinieren? Immerhin gilt es, das bunte Volk aus Gorillas, Schimpansen, Orang Utans und Bonobos in Sicherheit fernab der Menschen zu bringen.

Grenzen zwischen Mensch und Tier verschwimmen


„War for the Planet of the Apes“ (Originaltitel) verblüfft mit einer nochmals verschärften haptischen Qualität visuellen Erzählens. Auf wenige Dialoge reduziert, zuweilen in Gebärdensprache ausgeführt und untertitelt, haben die zotteligen Wesen ganz den Platz der Menschen eingenommen und die Perspektive des Zusehers auf den Kopf gestellt. Die schleichende Identifikation mit den Affen erfolgt nicht nur durch deren völlig natürlich wirkenden, vereinnahmenden Look, sondern hat vor allem auch mit deren Gesichtern zu tun. Selten wirkte die Mimik eines Schauspielers im Kino so ausdrucksstark wie jene von Caesar, dessen Gefühlslagen sich in Nuancen ablesen lassen. Die Frage des Humanismus, die das überlebensgroße Thema dieses Films ist, scheidet sich freilich nicht an der Frage Mensch oder Tier. Auch wenn hier die letzten verzweifelten Reste der Menschheit nur noch als Paramilitärs auftreten – und sogar bis zu einer Art verrückter, faschistischer Truppe degenerieren, die (als ultimative filmische Provokation) ein Affen-KZ errichtet – so macht Regisseur Matt Reeves doch deutlich, dass Ethik immer eine Frage des Individuums ist. Schon in der ersten Szene des Films sind Gorillas zu sehen, die an der Seite der Menschen niedrige Dienste ausführen. Auf ihren Rücken steht „Donkey“ geschrieben und als Esel sind sie den Menschen auch untertan. Wie zu erfahren ist, wurden sie nicht versklavt, sondern haben aus freien Stücken die Seiten gewechselt. Die Angst hat ihnen die Würde, aber auch ihrer Haltung beraubt. Man könnte auch von Charakterstärke sprechen, wie sie in Kriegsfilmen oft zelebriert wird. In „Planet of the Apes“ sind in dieser Hinsicht die Grenzen zwischen Mensch und Tier längst verschwommen. Erst als sich eine verheerende Naturkatastrophe anbahnt, haben die Menschen trotz ihres Technologievorteils vielleicht das Nachsehen.