Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Gunnar Landsgesell · 13. Mai 2022 · Film

Meine schrecklich verwöhnte Familie

Was machen Kinder reicher Eltern, wenn die ganze Kohle plötzlich futsch ist? Sie müssen sich um ehrliche Arbeit umsehen. Die französische Produktion „Meine schreckliche Familie" spielt dieses Szenario routiniert durch, freilich immer im Modus einer Feel-Good-Komödie.

Ein Film, der von Superreichen handelt, deren Geld bald weg sein wird, muss so beginnen: Mit der herrschaftlichen Villa in Monaco, der Poolparty und dem Maserati (oder ist es ein Ferrari?) in der Garage. Kellner werden gedemütigt und schmalzige Typen versuchen, eine Heirat zu erschwindeln. So beginnt „Meine schrecklich verwöhnte Familie" und es braucht nur wenige Striche, um die Missstände klarzumachen. Denn die Geschichte ist aus Sicht des alten Patrons (Gérard Jugnot) erzählt, der sich den Reichtum (angeblich) hart erarbeitet hat. Immer wieder wird das Gesicht Jugnots im Gegenschnitt zum Lifestyle seiner Kinder gezeigt: zur vergnügungssüchtigen Tochter Stella (Camille Lou), dem Esoteriker Sohn Alexandre (Louka Meliava) und Philippe (Victor Artus Solaro), der zwar Geschäftsideen hat, aber keine guten. Seine Idee, den perfekten Schuh ohne Blasen anzubieten, besteht darin, dass er seinen schwarzen Mitarbeiter dafür bezahlt, die Schuhe einzugehen, so dass der sich die Blasen holt. Das klingt nach einem sozialen Anliegen, viel Raum wird Regisseur Nicolas Cuche dem in weiterer Folge aber nicht mehr geben. Auch wenn der gewichtigste Gag des Films darin besteht, dass Vater Francis seinen Kindern vorgaukelt, das Geld wäre verloren, weshalb das Geschehen in eine Bruchbude in Marseille wechselt, in der er selbst in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist. Bei aller guten Laune dieses Films scheint diese Idee geradezu zufällig in das Drehbuch geraten. Ist es aber nicht.

Nur kein Risiko

„Meine schreckliche Familie" ist ein Remake der mexikanischen Komödie „Die Kinder des Senor Noble" aus dem Jahr 2013. Dieser Film bezieht sich wiederum auf einen frühen Film von Luis Bunuel, „Der große Lebemann" („El gran calavara") aus dem Jahr 1949. So wird ein Stoff für immer neue Kontexte weitergesponnen und verliert dabei vielleicht auch etwas an Volumen. Cuches Inszenierung hat zwar Tempo und weiß im Stil beschwingter Fernsehkomödien zu unterhalten. Das gelingt auch noch, wenn die schönen Kulissen gegen die neuen Jobs der Kinder ausgetauscht sind: da wird gekellnert, Fahrradtaxi gefahren oder eine Baustelle besucht. Alles erfolglos, versteht sich. Der Schaden durch den Prestigeverlust, man ahnt es, wird zu einer Lektion fürs Leben umgemünzt, während dem Publikum eine gewisse Freude am Fall der Nichtsnutze geboten wird. Billig wirkt „Pourris gatés" (Originaltitel) nicht: ein guter Cast (allen voran Camille Lou) und viel Gespür für das Production Design können allerdings nicht wettmachen, dass dieser Film so wenig Risiko nimmt wie der alte Millionär, dessen Reichtum angeblich beschlagnahmt wurde. Trotz der Überzeichnung der Figuren generiert sich daraus kaum ein humoristischer Mehrwert. Den Bildern hat sich das Recycling irgendwie eingeschrieben. Dabei hätte die Idee von den Reichen, die sich in Zeiten wie diesen ins echte Leben zurückkämpfen müssen, Charme. So bleibt vor allem eine unerschütterliche Beschwingtheit über.