Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 07. Dez 2010 · Film

Kottan ermittelt - Rien ne va plus

Vor 27 Jahre wurde der Wiener Polizist Adolf Kottan suspendiert – und damit die erfolgreiche Fernsehserie nach sieben Jahren und 19 Folgen eingestellt. Jetzt kehrt der Major aus dem Vorruhestand und auf die Leinwand zurück. Die Schauspieler mussten zwar vielfach ausgetauscht werden, aber die Figuren und auch die Schmähs sind die gleichen geblieben. Was freilich vor mehr als einem Vierteljahrhundert funktionierte, reizt heute bestenfalls noch zu einem müden Lächeln.

Ein Kontrapunkt zu deutschen Krimiserien wie „Derrick“ und „Der Alte“ stellte „Kottan ermittelt“ in der österreichischen Fernsehlandschaft der 70er Jahre dar, war proletarischer, anarchischer und ungleich frecher. Provoziert haben Regisseur Peter Patzak und Autor Helmut Zenker damit, das Publikum gespalten, aber gerade dadurch auch eine Serie mit Kultstatus geschaffen.

Statt Handlungsaufbau, lose Schmähfolge

Vor allem von diesem Status versuchen Patzak und Jan Zenker, der eine Idee seines 2003 verstorbenen Vaters in Drehbuchform brachte, zu profitieren. Variiert werden die alten Schmähs, aufgrund von Todesfällen von anderen Schauspielern gespielt werden mit Ausnahme von Kottan (Lukas Resetarits) die altbekannten Figuren: Der depperte Schrammel (Robert Stadlober) fehlt so wenig wie der gehbehinderte Schremser (Johannes Kirsch) und Polizeipräsident Pilch (Udo Samel).
Eigentlich wollte Major a. D. Adolf Kottan seinen Vorruhestand genießen. Doch als ihn die Bank beim Kredit fürs Gartenhaus reinlegt, Geld dringend benötigt wird und er zudem in kriminalistische Ermittlungen verwickelt wird, als ein Mann von einer Brücke auf sein Auto fällt, erklärt er sich bereit, der ratlosen Polizei unter die Arme zu greifen. Rasch folgen weitere Morde und die Spur führt zu einem illegalen Gewinnspiel, bei dem offensichtlich einer alle Mitspieler umbringen will, um die Millionen allein einzustreichen.
Die Spur führt so wie in vielen Krimis ins Rotlichtmilieu und auch Korruption innerhalb der Polizei ist wieder einmal im Spiel, doch von Handlungsentwicklung kann man hier kaum sprechen. Der rote Faden dient nur dazu, um mehr oder weniger gelungene Schmähs und ein paar aktuelle Seitenhiebe aneinander zu reihen. Da jagt der Polizeipräsident nicht mehr einer Fliege, sondern einer animierten grünen Kakerlake nach und der Kaffeeapparat wurde durch den Roboter "Polizeiapparat" ersetzt, von dem aus der Präsident die Bevölkerung überwacht.

Müde Gesellschaftskritik, böse Stefan-Petzner-Parodie

Wie diese Kritik am Überwachungsstaat und die Abwandlung des einstigen Klestil-Wahlkampfslogans „Macht braucht Kontrolle“ in „Sicherheit braucht Kontrolle“ nur lahme Scherze ohne Biss bleiben, so wirkungslos sind auch die Anspielungen auf Asylpolitik und Arigona Zogaj. Wirklich böse, aber auch höchst amüsant wird es nur, wenn Simon Schwarz in einer Stefan-Petzner-Parodie als Kriminalassistent Stefan Platzer unter Tränen seinem verstorbenen Vorgesetzten und „Lebensmenschen“ nachtrauert.
Flickwerk, das ganz von den Figuren, ihren Macken und Schmähs, zu leben versucht, bleibt so „Kottan ermittelt – Rien ne va plus“. Zu provozieren vermag dieser Film in einer Zeit, in der Satiren auch über Behörden alltäglich sind, aber längst nicht mehr, sondern lässt den Zuschauer höchstens enttäuscht über die bescheidenen und aufgewärmten Schmähs zurück. Nicht retten kann dieses Recycling-Produkt auch der Einsatz von Splitscreen, mit dem Patzak aus Wiener Stadtansichten Einzelszenen herauslöst, schleierhaft bleibt, wieso durchgehend ein Hund über Wien fliegt und auch mal seinen Darm auf Kottans Auto entleert. - So werden wohl nur Nostalgiker an diesem "Kottan" Gefallen finden.