Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Gunnar Landsgesell · 20. Dez 2018 · Film

Juliet, Naked

Der britische Autor Nick Hornby ist Garant für gepflegte, kuschelige Unterhaltung. "Juliet, Naked" erzählt von drei Menschen, die eigentlich schon ausgeträumt haben. Für zwei von ihnen gibt es eine Überraschung.

„Juliet, Naked“ ist eine kuriose romantische Komödie, weil hier niemand der Sinn nach Romantik steht. Alles beginnt mit einer müden Beziehung: Annie (Rose Byrne) und Duncan (Chris O’Dowd) hält nur noch die Gewohnheit beieinander. Sie verständnisvoll, sensibel, er ein berufspubertärer, egozentrischer Nervsack. Hängengeblieben sind sie in einem englischen Küstenstädtchen, und irgendwie auch in der Vergangenheit: Sie im örtlichen Heimatmuseum, er bei seinem Lieblingsmusiker Tucker Crowe (Ethan Hawke), der in den Neunzigern sein einziges Album produziert hat. Duncan hat Crowe zum Genie erhoben: Mit dessen Plakaten hat er sich im Untergeschoß einen Raum tapeziert, der mehr an ein Mausoleum erinnert. Tucker Crowe ist ein Fetisch, ihm gehört Duncans ganze Liebe. Annie kommt daneben auch irgendwie vor. Als 20 Jahre später dieser Tucker Crowe plötzlich aus der Versenkung auftaucht und ein zweites Album veröffentlicht, schreibt Annie eine wenig wohlwollende, aber ehrliche Kritik über das Album. Überraschend antwortet der Posterboy ihres Mannes darauf. Zwischen Annie und Tucker beginnt eine Mailfreundschaft, die irgendwann auch Duncan erreicht.

Noch nicht ausgeträumt

Der britische Erfolgsautor Nick Hornby, auf dessen Buch „Juliet, Naked“ zurückgeht, ist ein Garant für gepflegte, kuschelige Unterhaltung. Wie in „Fever Pitch“ oder „High Fidelity“ spielen sich die kleinen Überraschungen und Tragödien des Lebens vor dem Hintergrund einer musikalischen Subkultur ab, die der TV-Serienspezialist Jesse Peretz mit sanfter Hand dirigiert. Das fühlt sich einerseits gut an, weil Peretz für seine Figuren drei glaubhafte Persönlichkeiten mit hohem Wiedererkennungswert ausgesucht hat: Alle drei haben ihr Leben quasi ausgeträumt, aber zwei von ihnen sind für Neues offen, nur der Dritte (Duncan) hat genug mit sich zu tun. Der Charme von „Juliet, Naked“ besteht wohl darin, dass die wachsende Nähe zwischen Annie und Tucker gänzlich unromantisch ausfällt: Rose Byrne verkörpert ihren Part aufgeweckt, empathisch, umsichtig, der gefallene Star Ethan Hawke platzt in das Geschehen unsicher, abgewrackt und geläutert. Ganz so, als würde auch Hawke als ehemaliger Parade-Slacker 20 Jahre später noch einmal in so eine Rolle schlüpfen. Byrne und Hawke und O’Dowd bringen definitiv Leben in diese Verfilmung, der es ansonsten ein wenig an Farbe und Kraft fehlt. Denn eigentlich ist  der Aufbruch, von dem „Juliet, Naked“ erzählt, keine Kleinigkeit. Das geht bei aller Umsicht ein wenig unter.