Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Gunnar Landsgesell · 24. Jän 2020 · Film

Jojo Rabbit

Eine Nazi-Komödie wie sie nur die Amerikaner inszenieren können. "Komm, gib mir deine Hand" von den Beatles und dazu die NS-begeisterten Massen auf Archivmaterialien, das hat schon was. "Jojo Rabbit" hat aber auch einen ernsten Teil, die Freundschaft eines HJ-Jungen und eines jüdischen Mädchens.

Wenn Adolf Hitler Sätze wie diesen sagt: I’m trying to make a difference in the world“, dann ist das schon ziemlich komisch. Hitler, das ist hier eine fast schon queere Version des Führers, dessen Sprüche vor allem deshalb so durchgeknallt wirken, weil dieser nur im Kopf des zehnjährigen Johannes (Roman Griffin Davis) existiert. Ein Mann, der ihm das Fürchten lehrt, aber auch Mut zuspricht. So ambivalent ist das Dritte Reich in „Jojo Rabbit“, einem Film, der seine satirische Energie aus der naiven Affirmation eines kleinen Jungen bezieht. Johannes ist ganz das Produkt des Dritten Reichs, er durchlebt in einer HJ-Uniform Abenteuer im Wald, teilt aber zugleich mit dem jüdischen Mädchen Elsa (Thomasin Harcourt McKenzie), das seine Mutter (Scarlett Johansson) vor den Nazis versteckt hat, die Wohnung. All das geht hier im Film zusammen, ziemlich verrückt sicherlich, zugleich aber auch konventionell genug erzählt, um das Publikum nicht vor den Kopf zu stoßen.

Schillernde Nazi-Komödie

Bereits in der Eröffnungsszene von „Jojo Rabbit“ offenbart sich der Wagemut dieses Projekts: Zu Filmaufnahmen aus dem Dritten Reich, in denen begeisterte Massen die Hände zum Gruß ausstrecken, ist von den Beatles „Komm, gib mir deine Hand“ zu hören. Zwischendurch formen Johannes und die anderen Kids der HJ mit ihrem Körper ein Hakenkreuz oder machen andere Dinge, die alle überhaupt nicht lustig sind. Das ist subversive Affirmation vom Feinsten. Es gab bereits einige filmische Versuche, über das Dritte Reich in Form der Humoreske oder Satire zu erzählen, darunter auch deutsche, aber es bleibt scheinbar den Amerikanern vorbehalten, die richtige Mischung zu finden. Wie man den Geist der Nazis der Lächerlichkeit preisgibt, ohne sich selber der Verharmlosung verdächtig zu machen, das lässt sich anhand dieses Films jedenfalls studieren. Der neuseeländische Regisseur Taika Waititi, der im Film den imaginierten Hitler spielt, hat die schillernden Momente seiner Nazi-Komödie freilich nur als Eckpunkte gedacht. Im Zentrum steht die Beziehung des schüchternen kleinen Herrenmenschen Jojo, der davon gar nicht überzeugt scheint, und sich aufgrund seiner Weigerung, einen Hasen zu töten, den Spitznamen Jojo Rabbit einhandelt; und der tapferen jüdischen Elsa, die Jojos Mutter versteckt. Waititi setzt auf die Expressivität seines jungen Casts, McKenzie gelingt es, die Blicke ihrer Figur Elsa zu bündeln und sehr effizient ein Gefühl zwischen gebotener Unsichtbarkeit und Aufbegehren zu erzeugen. In Davis findet man hingegen die Widersprüchlichkeit dieser Zeit, gerade, wenn es um Kinder geht. Dieser Jojo wird zwischen Unschuld und Bestimmung hin- und hergerissen, ein ängstliches Kind, dessen kleine Uniform sich fast wie ein Schutzschild gegen die Grausamkeiten dieser Zeit ausnimmt. Waititi kreiert einige heitere Szenen, in denen diese Ambivalenz zum Tragen kommt. Für Verklärung oder Relativierung hat diese Disney-Produktion wenig Raum, die beiden Kinder stehen zugleich zwischen den Trümmern und am Beginn einer neuen Welt – als Protagonisten einer neuen Zeit, zu denen David Bowie recht süffisant – ebenfalls in der deutschen Version – „Helden“ singt.