Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 18. Mär 2011 · Film

Das Ende ist mein Anfang

Wenig Film dafür lange Monologe von Bruno Ganz bietet Jo Baiers Verfilmung der Lebenserinnerungen des langjährigen Südostasien-Korrespondeten des „Spiegel“, Tiziano Terzani. Weltpolitische Ereignisse werden gestreift, vor allem geht es aber um die innere Wandlung Terzanis. Seine Lebensweisheiten sind aber reichlich banal und Baiers Harmoniesucht ärgerlich.

Der Kreislauf, der im Titel anklingt, wird von Tiziano Terzani (Bruno Ganz) schon am Beginn aufgenommen. Unheilbar an Krebs erkrankt träumt der 66-Jährige kurz vor seinem Tod im Jahr 2004 davon den Kreis des Lebens zu vollenden. So lädt er seinen in New York lebenden Sohn Folco (Elio Germano) ins Landhaus in der Toskana ein, um ihm seine Lebenserinnerungen zu diktieren.

Märchenonkel Bruno Ganz

Von der Kindheit in ärmlichen Verhältnissen und dem Kennenlernen seiner Frau über den Auftrag für den „Spiegel“ aus Südostasien vom Vietnam-Krieg und in den späten 70er und frühen 80er Jahren aus China zu berichten bis zu seinem Rückzug in ein Kloster im Himalaya spannt sich der Bogen der Erzählungen. Ein Weg vom Blick von Außen auf die Welt zur Erkenntnis, dass jeder Mensch ein Teil der Welt und somit eins mit ihr ist, soll nachgezeichnet werden, doch banal und ohne Nachdruck bleiben diese Ausführungen, da Jo Baier ganz auf Bruno Ganz vertraut, aber auf filmische Durchdringung des Stoffs verzichtet.
An einen Märchenonkel erinnert Bruno Ganz in seinem weißen Gewand und mit Rauschebart. Ausladend sind seine Gesten und seine Mimik, mehr sieht man dabei den Schauspieler als die Figur, die er verkörpern soll. Zum Stichwortgeber degradiert wird so freilich Elio Germano als Sohn Folco, fast nur Staffage ist Erika Pluhar als liebende und fürsorgliche Gattin.

Schöner sterben

Die Figuren – auch die Terzanis - interessieren Baier im Grunde nicht, ihm geht es nur um die Vermittlung einer Sicht des Lebens und des Sterbens. Der Tod hat keinen Schrecken ist der Grundtenor des Films. Wie Terzani soll auch der Zuschauer lernen gelassen ihm entgegenzusehen. In goldenes Licht und warme Farben taucht Baier dazu die Toskana und drängt alle Bruchlinien an den Rand. Differenzen, die zwischen Vater und Sohn offensichtlich bestehen, werden, wenn sie einmal hervorbrechen, sofort wieder vom Tisch gewischt, die körperlichen Schmerzen des Sterbenden werden nur ganz kurz angeschnitten, um sogleich wieder zum Gespräch über das erfüllte Leben überzugehen.Natürlich muss sich hier gegen Ende auch noch einmal die gesamte Familie treffen, muss mit einem neugeborenen Enkel nochmals das Bild vom Kreislauf von Geburt und Sterben bemüht werden, muss schließlich die Asche von einem Berg aus verstreut werden. Tröstlich kann man „Das Ende ist mein Anfang“ in dieser grenzenlosen Harmormiesucht bezeichnen, oder aber auch als ziemlich verlogen.
Was man aus diesem Stoff freilich machen hätte können, hat Baier dieser Harmoniesucht geopfert. Wie hätte man hier packend von Vater und Sohn, die sich aneinander reiben, erzählen können, unterschiedliche Weltsichten aufeinanderprallen lassen können, und gerade durch den Widerspruch und die Ambivalenzen das Denken des Zuschauers anregen können. Doch Baier fährt lieber mit Scheuklappen auf einer Einbahnstraße, vermeidet jede Irritation und strebt einzig danach den Zuschauer zu ganzheitlichem Denken und Gelassenheit zu erziehen.


Ermüdender Volkshochschulvortrag

Wenig tauglich sind seine Mittel letztlich aber auch dafür. Denn in der Reduktion der Figuren auf Funktionsträger entwickeln diese Lebenserinnerungen auch keine emotionale Kraft, sondern wird der Film zum ermüdenden Volkshochschulvortrag. Kein Wunder ist es, dass neben Buch zum Film und Soundtrack auch ein Hörspiel zum Kauf angeboten wird. Denn Baier klebt an der Vorlage und beschränkt sich darauf Bruno Ganz in idyllischer Landschaft Terzanis Erinnerungen rezitieren zu lassen, andererseits lässt er es an Mut vermissen „Das Ende ist mein Anfang“ als wirklich entschieden literarischen Film anzulegen.