Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 27. Aug 2011 · Film

Cowboys & Aliens

Dass Aliens mal nicht in Gegenwart oder Zukunft, sondern im amerikanischen Westen des Jahres 1873 angreifen, ist ja durchaus eine originelle Idee, doch Jon Favreau macht leider nicht viel daraus. Nach starkem Beginn bleibt bald nur noch formelhaftes Kampfgetümmel, sodass auch ein starker Daniel Craig und Harrison Ford diese Comic-Verfilmung nicht retten können.

Die Idee zu „Cowboys & Aliens“ hatte Scott Mitchell Rosenberg schon vor 15 Jahren und verkaufte 1997 die Verfilmungsrechte an Universal Studios und DreamWorks. Mehrere Filmprojekte scheiterten aber, 2006 wurde die Geschichte als Graphic Novel veröffentlicht, deren Filmrechte erneut Universal und DreamWorks erwarben. Als Regisseur wurde Jon Favreau gewonnen, dem schon mit „Iron Man“ eine rasante und ironische Comic-Verfilmung gelang. Skeptisch macht dann aber schon der Vorspann, bei dem nicht weniger als sieben Drehbuchautoren genannt werden. Doch man lässt sich ja gerne positiv überraschen und der Auftakt überzeugt auch.

Klassische Westernsituationen und -figuren

Langsam schwenkt die Kamera über eine steppenartige Landschaft. Ein Mann (Daniel Craig) erwacht aus der Ohnmacht, entdeckt an seinem Arm eine seltsame Metallmanschette, kann sich aber offensichtlich an nichts erinnern. Bald nähern sich drei Kopfgeldjäger mit Skalps an den Satteltaschen, die den seltsamen Fremden ohne Namen nach kurzem Gespräch fertig machen wollen, dabei aber den Kürzeren ziehen. Der Namenlose nimmt, was er brauchen kann, reitet in die Stadt, die den aussagekräftigen Namen Absolution trägt, trinkt im Saloon einen Whisky und hat bald Ärger am Hals, als er den unreifen, wild um sich schießenden Sohn (Paul Dano) eines Rinderbarons in die Schranken weisen will.
Ein starker Auftakt ist das, der an Eastwoods „Fremden ohne Namen“ ebenso erinnernt wie an Howard Hawks´ „Rio Bravo“. Auf modernistische Mätzchen und postmoderne Spielereien verzichtet Favreau, inszeniert knochentrocken und ohne ironische Brechung, lässt dafür den Zuschauer in der sorgfältigen Machart den Gestank der dreckigen Typen regelrecht riechen. Nichts Neues, aber doch einen souverän inszenierten klassischen Western darf man folglich zu diesem Zeitpunkt noch erwarten.

Uninspiriert und ironiefrei

Als der Rinderbaron (Harrison Ford) von der Verhaftung seines Sohnes erfährt, macht er sich in die Stadt auf und fordert sogleich den Fremden heraus, der bald als Gangster Jacke Lonergan identifiziert wird. Auch das ist ein klassisches Western-Motiv, nur nicht, dass die Auseinandersetzung dann von UFOs gestört wird. Plötzlich geht es nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander gegen die Außerirdischen, die Bewohner der Stadt entführen.
Wie in John Fords legendärem „The Searchers“, auf den sich Jon Favreau in Interviews explizit bezieht, macht sich bald ein Trupp auf, um die Entführten zu finden, trifft dabei ebenso auf Jakes ehemalige Bande wie auf Indianer…
Während sich der Beginn aber noch durch liebevolle Machart auszeichnet, wird „Cowboys & Aliens“ mit Einsetzen der Verfolgungsjagd zunehmend einfallslos und retortenhaft. Großartig fängt zwar die Kamera von Matthew Libatique die rotbraune Sandlandschaft Arizonas ein, aber Favreau reiht ohne Esprit und Charme Standardsituationen aneinander, bedient sich aller Klischees, ohne mit diesen ironisch zu spielen, meint bitterernst, was angesichts der schrägen Idee wohl nur mit viel Witz funktioniert hätte und macht auch aus dem Auftreten der Aliens nichts.
Dass diese wieder einmal ein Abklatsch von H. R. Gigers Ur-„Alien“ sind, mag man noch verzeihen, schwerer wiegt, dass sich der Konflikt einzig auf effektlastige Kämpfe beschränkt. Viel mehr hätte man aus diesem Zusammenprall der Welten machen müssen, doch weder gewinnen die Aliens Konturen, noch reagieren die Erdenbewohner des 19. Jahrhunderts wirklich überrascht auf Flugobjekte und diese seltsamen Wesen, die ihnen doch noch viel fremder sein müssten als den Menschen des 21. Jahrhunderts.

Charismatischer Craig, spielfreudiger Ford

Da mag Daniel Craig mit seiner Wortkargheit und seinen stahlblauen Augen noch so starke physische Präsenz ausstrahlen, so stehen er und Harrison Ford, der den Rinderbaron sichtlich lustvoll spielt, doch auf verlorenem Posten, wenn die Action Überhand nimmt. Je mehr geballert und gekämpft wird, desto mehr weicht das Leben - und damit auch das Vergnügen des Zuschauers - aus diesem enttäuschenden Genre-Mix und übrig bleibt nur ein hohles Spektakel.