Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Walter Gasperi · 28. Aug 2011 · Film

Aktuell in den Filmclubs (29.8. - 4.9. 2011)

Amerikanisches Kino abseits von Hollywood läuft diese Woche in Heerbrugg und in Feldkirch. Einfühlsam von Trauer und Verlust erzählt John Cameron Mitchell in „Rabbit Hole“, der im Kino Madlen zu sehen ist. Starkes sozialrealistisches Kino bietet dagegen „Winter´s Bone“, den das TaSKino zeigt.

Winter´s Bone: Debra Granik verbindet in ihrem zweiten Spielfilm den genauen Blick des sozialrealistischen Kinos eines Ken Loach mit dem ökonomischen Storytelling des klassischen Hollywood-Kinos. Im Mittelpunkt steht nicht nur die von Jennifer Lawrence grandios gespielte 17-jährige Ree Dolly, sondern auch das soziale Milieu in den Ozark Mountains von Missouri. Armut, die man im amerikanischen Film sonst kaum sieht, spricht hier mit verfallenden Höfen aus jeder Einstellung, emotionale Kälte vermittelt allein schon die winterliche Stimmung. Doch Ree will sich von diesen Verhältnissen nicht unterkriegen lassen, will für ihre Familie, die aus einer verwirrten Mutter und zwei jüngeren Geschwistern besteht, kämpfen. Um den Hof nicht zu verlieren muss sie den Vater, der zu einem Gerichtstermin nicht erschienen ist, auftreiben oder aber seinen Tod beweisen. Auf eine Mauer des Schweigens stößt Ree bei ihrer Suche lange, muss auch harte Schläge einstecken, doch sie lässt nicht locker.
Im quasidkokumentarischen Gestus und in der schnörkel- und kompromisslosen Inszenierung entwickelt „Winter´s Bone“ eine atmosphärische Dichte und Kraft, die den Zuschauer vom ersten Moment an packen und bis zum Ende nicht loslassen. – Selten sah man in den letzten Jahren einen Film, der so unsentimental und überzeugend auf die Schattenseiten der USA blickt.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mo, 29.8., 19.30 Uhr; Di, 30.8., 21.30 Uhr; Mi, 31.8., 19.30 Uhr; Do, 1.9., 21.30 Uhr


Rabbit Hole:
Exzentrische Filme erwartet man vom amerikanischen Regisseur John Cameron Mitchell. Mit „Hedwig and the Angry Inch“ wurde er bekannt, lustvollen Sex propagierte er mit seltener Offenheit in „Shortbus“. Ungewohnt konventionell ist im Vergleich dazu seine Verfilmung von David Lindsay-Abaires mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Stück.
Auch die Fragen nach Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen und dem scheinbar unüberwindbaren Schmerz sind nicht neu, doch in Nicole Kidman und Aaron Eckhart hat Mitchell zwei Schauspieler gefunden, auf die er bauen kann.
Schon vor der Film beginnt haben Howie und Becca ihren vierjährigen Sohn durch einen Unfall verloren, Monate sind seither vergangen, doch immer noch sind sie gefangen in ihrer Trauer. Während bei Howie die nach außen unterdrückten Gefühle mehrfach hervorbrechen, leidet Becca still. Trost suchen sie beide, doch auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe scheint nicht viel zu bringen. Auch Beccas Mutter erklärt beim Aufräumen des Kinderzimmers, dass der Schmerz nie vergehen werde, aber betont doch auch, dass er sich verändere und man lerne damit zu leben, ihn ab und zu quasi in eine Tasche wegzustecken, bis man dann plötzlich wieder auf ihn stoße.
Tröstlich ist „Rabbit Hole“ so und stellt im von jungendlichen Unfalllenker gezeichneten Comic auch die Hoffnung auf ein glücklicheres Paralleluniversum vor, in das man durch den Tod wie Lewis Carrolls „Alice“ durch ihr Kaninchenloch eintreten könne.
Sehr feinfühlig und sanft ist das inszeniert, scheinbar glatt in den warmen Bildern und lässt doch unter der eleganten Oberfläche den Schmerz und die Trauer immer durchschimmern.
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 29.8., 20.15 Uhr