Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 19. Apr 2009 · Film

Contact High

Zwei Betreiber einer Wiener Würstelbude sollen eine Reisetasche in Polen abholen, hinter der aber auch ein Kleinkrimineller und ein schwuler Autowerkstättenbesitzer her sind. – Ausgangspunkt für Michael Glawoggers durchgeknallte Drogenkomödie, bei der es weniger um die Handlung als vielmehr um die Figuren und einzelne Szenen geht.

Michael Glawogger gehört zweifellos zu den vielseitigsten österreichischen Regisseuren. Mit „Megacities“ und „Workingman's Death“ hat er zwei Aufsehen errregende Dokumentarfilme gedreht, mit „Slumming“ eine pechschwarze Wiener Gossengeschichte und in der Josef Haslinger-Verfilmung „Das Vaterspiel“ geht es nicht nur um Vaterfiguren, sondern auch um die deutsch-österreichische Geschichte. Zwischen diesen Schwergewichten scheint sich der gebürtige Grazer mit leichterer Kost zu erholen.

Sex, Drugs and Rock'n'Roll

So hat Glawooger vor fünf Jahren mit „Nacktschnecken“ eine Trilogie zu „Sex, Drugs and Rock'n'Roll“ in Angriff genommen und lässt mit „Contact High“ auf die ausgeflippte Sexkomödie mit dem gleichen Team eine nicht weniger durchgeknallte Drogenkomödie folgen. Auslöser und Movens der Handlung ist eine Reisetasche, die für den mysteriösen Carlos von Polen nach Wien gebracht werden soll.

Eigentlich sollte den Auftrag der schwule Harry (Detlev Buck) ausführen. Doch der vergnügt sich lieber in seiner Autowerkstatt mit seinen blonden Mechanikern und will deshalb den Kleingangster Schorsch (Georg Friedrich) nach Polen schicken. Da dieser aber wieder auf keinen Fall das 24-Stunden-Rennen von Le Mans im Fernsehen verpassen möchte, bittet er seine Bekannte Mao (Pia Herzegger) für ihn den Auftrag zu erledigen. Mao muss sich aber wieder um die eigenwillige achtjährige Tochter einer Freundin kümmern, und so kommen Max (Michael Ostrowski) und Johann (Raimund Wallisch), die für Mao die schlecht laufende Würstelbude „Wurst und Durst“ führen, zum Zug. Wirklich verwickelt werden die Dinge aber erst, als Schorsch von Harry gezwungen wird, mit ihm selbst nach Polen zu fahren. Dort kommt es bald zu wilden Verwechslungen …

Nein – viel Sinn macht die Geschichte nicht – und soll sie auch nicht: Trashig und ausgeflippt, eben gerade so wie die Drogenträume, die sich durch den Film ziehen, soll das sein. „Contact High“ ist dazu das Schlüsselwort: Max dröhnt sich zu, doch die Auswirkungen der Drogen zeigen sich nicht bei ihm, sondern bei Freund Johann: Da laufen dann die Menschen rückwärts, das Hotelzimmer wird so winzig, dass Max und Johann wie Riesen wirken, da rennen polnische Polizisten mit Schweinerüsseln und Schweineohren herum, da streunen plötzlich Hunde durch eine Disco, und ein Zug fährt schließlich auf den Kopf gestellt am Himmel statt auf der Erde, und die Buntheit wird erhöht durch eingestreute Animationsszenen mit rosa Blumen.

Lustvoll agierendes Ensemble, unmotivierte Handlung

Von fern erinnert die Tasche an den Koffer in Robert Aldrichs famosem Film noir „Kiss Me Deadly“ (1955). Doch während dort am Ende beim Öffnen wie aus der Büchse der Pandora der Schrecken hervorbricht, hält Glawogger eine entgegensetzte positive Überraschung bereit und träumt von einer gelösten und heiteren Welt in Rosa. Ansonsten dient die Handlung aber nur dazu, dem bestens aufgelegten Ensemble eine Plattform zu bieten: Georg Friedrich darf zum xten Mal mit langer blonder Mähne den Wiener Strizzi spielen, Detlev Buck gibt wiederum den Piefke und Michael Ostrowski wie auch in „Slumming“ den jungen Mann, der vor allem auf Spaß und Lustgewinn aus ist.

Doch allein von diesen Typen und dem genauen Blick aufs Milieu kann ein Film nicht leben, wenn die Geschichte nicht Drive entwickelt. Und da liegt wohl das Hauptproblem von „Contact High“: Einfallsreich ist er zwar in den Details, wirkt aber insgesamt zusammengestückelt aus einzelnen Szenen, ohne sich zu einem Ganzen zu fügen. Weitgehend folgenlos bleiben hier angeschnittene Motive wie die 24 Stunden von Le Mans, auf die nur ganz am Rande immer wieder Bezug genommen wird, oder Figuren wie ein Guru, der Regen herbeizaubern soll, ein geprellter Tankstellenbesitzer oder ein pakistanischer Müllhändler. - Tempo und wirklicher Witz, der zum schallenden Loslachen reizt, entwickeln sich so kaum – es sei denn, man genießt den Film selbst unter Einfluss von Drogen.

Läuft derzeit im Cinema 2000 in Dornbirn und im Cineplexx Hohenems