Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 21. Apr 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (27.4. - 3.5.2009)

Revanche: Im Wiener Halbweltmilieu arbeitet Alex für einen Bordellbesitzer. Als dieser die ukrainische Prostituierte Tamara, die Alex liebt, bedrängt, flüchtet das Paar. Um an Geld zu kommen, will Alex eine Bank in der Provinz überfallen, doch dabei wird Tamara von einem Polizisten getötet. Alex entkommt und findet bei seinem Großvater Unterschlupf. Bald erfährt er, dass auch der Polizist in der Nähe wohnt und sinnt auf Rache.
Wie schon in «Antares» entwickelt Götz Spielmann auch in «Revanche» mehrere Geschichten parallel, führt die beiden Erzählstränge im Gegensatz zum Vorgängerfilm aber etwa in der Mitte des Films zusammen. Statt einen temporeichen Thriller zu entwickeln, setzt der Österreicher auf Langsamkeit, vertraut auf genaue Milieuschilderung, exzellente Schauspieler und ein perfekt aufgebautes Drehbuch. Nicht um Action geht es, sondern um das Innenleben der Figuren, denen in langen, distanzierten und statischen Einstellungen viel Zeit und Raum gelassen wird. Verzichtet wird dafür auf jede Nebengeschichte, auf Schnörkel oder Filmmusik. Durch diese Konsequenz und Stringenz der Inszenierung gewinnt «Revanche» große innere Spannung und macht erfahrbar, wie sich diese Rachegefühle aufbauen, immer wieder in eine konkrete Tat zu münden drohen und wie schwer sie zu beherrschen oder sogar zu überwinden sind.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 29.4., 20 Uhr; Fr, 1.5., 22 Uhr


Sex in Brno: „Nuda in Brno“ – „Langeweile in Brno“ heißt das Spielfilmdebüt des tschechischen Theaterregisseurs Vladimir Moravek im Originaltitel, aber auch der reißerischere deutsche Titel trifft den Inhalt. Durch den Film geführt wird der Zuschauer von einem allwissenden Erzähler, der die Figuren vorstellt, mal kurz in ihre Biographie blickt und auch ihr potentielles baldiges Ableben prophezeit. Mehrere Beziehungsgeschichten werden erzählt, wobei nicht die Handlung, sondern das Thema und der Ort den Schwarzweißfilm zusammenhalten. Dieses nostalgische Schwarzweiß, das an längst vergangene Zeiten des Kinos erinnert, verleiht „Sex in Brno“ neben seinem trockenen Humor einigen Charme. Gleichzeitig läuft diese tschechische Komödie aber auch Gefahr, seine Figuren auszustellen und sich lustig zu machen über menschliche Bedürfnisse und Probleme. Als Kaleidoskop unterschiedlichster Beziehungskonstellationen taugt „Sex in Brno“ nur bedingt, denn vor allem will er schräg und skurril sein, macht mit Zitierung des Filmplakats „Being John Malkovich“ auch seine Zielrichtung evident, erreicht aber nie die Größe von Spike Jones' surrealem Trip.
Kammgarn Hard: Mi, 29.4., 20.30 Uhr


Meyer aus Berlin: Bevor Ernst Lubitsch mit aufwändigen Kostümdramen wie „Die Austernprinzessin“ und „Madame Dubarry“ in Deutschland zum renommierten Regisseur wurde und lange bevor er im amerikanischen Exil mit Komödien wie „Trouble in Paradise“, „Ninotschka“ oder „To Be or Not To Be“ zum bis heute unübertroffenen Fürsten der eleganten Komödie wurde, fing er in Berlin mit Komödien an, in denen er nicht nur Regie führte, sondern auch als „Meyer“ mitspielte. In „Meyer aus Berlin“ begibt sich Lubitsch in der Titelrolle auf Kur nach Berchtesgaden, wo er mit der reizenden Kitty zu flirten beginnt. Bald reist ihm seine misstrauische Frau in den Kurort nach und lernt dabei im Zug Kittys Bräutigam kennen.
Spielboden Dornbirn: Do, 30.4., 19.30 Uhr


Jazzta Prasta or Which are the Bulgarian Notes:  Andrej Slabakov folgt in seinem Film dem 30-jährigen Roma-Akkordeonisten Martin Lubenov, der nach 10-jähriger Emigration nach Kotel, eine der ärmsten Roma-Gemeinden in Bulgarien, zurückkehrt, wo er einen Workshop für begabte Teenager leitet.
Spielboden Dornbirn: Fr, 1.5. und Mi, 6.5. - jeweils 20.30 Uhr


Mein halbes Leben: Wie ist das so mit dem Leben, wenn man 30 wird und noch nichts erreicht hat: keinen Job, keine Freundin und schon gar keine Familie, nur eine Lebensversicherung – und die wird noch vom Papa bezahlt. – Marko Doringer macht sich auf, besucht Freunde und schaut was aus ihrem Leben geworden ist, befragt Eltern und Großeltern, wie das bei ihnen mit der Lebensplanung war. Ganz vom persönlichen Blick des Regisseurs, in dessen Perspektive der Zuschauer versetzt wird, lebt Doringers Dokumentarfilm und vom Naheverhältnis zu den Interviewten, die offen und natürlich Auskunft geben. Diese ungekünstelte, weniger weinerliche als vielmehr von Selbstironie durchzogene Herangehensweise verleiht „Mein halbes Leben“ eine Leichtigkeit und Frische, die den Zuschauer direkt anspricht und ihn auch über sein eigenes Leben reflektieren lässt.
Spielboden Dornbirn: Fr, 2.5.; Di 12.5; Mi, 20.5. - jeweils 20.30 Uhr


The World Is Big and Salvation Lurks Around the Corner: Nicht nur die Eltern, sondern auch sein Gedächtnis verliert der 30-jährige Protagonist von Ilija Trojanovs Debütroman bei einem Autounfall. So reist der Opa aus Bulgarien nach Deutschland, um sich um seinen geliebten Enkel zu kümmern und ihm zur Erinnerung an seine eigene Geschichte zu verhelfen. Weil eine Fahrt mit dem Tandem zurück an die Orte der Kindheit Hilfsmittel dazu sein soll, entwickelt sich ein gegenläufiges Roadmovie, in dem auf der einen Seite in den Erinnerungen von der Flucht aus dem kommunistischen Bulgarien und andererseits auf der Gegenwartsebene von der Sehnsucht nach und der Wiedergewinnung von Heimat, aber auch von der (Wieder)Geburt eines geeinten Europas erzählt wird. – Teils magisch-märchenhaft und doch auch wieder sehr realistisch ist Sephan Komandarev nicht zuletzt dank eines hinreißenden Miki Manojlovic in der Rolle des Opas ein ungemein fabulierfreudiger, wunderbar skurriler, vor allem aber auch zutiefst europäischer Film gelungen.
Takino Schaan: Fr, 1.5. – Di, 5.5., jeweils 20.30 Uhr


Zusammen ist man weniger allein: Wohlfühlkino wie aus dem Bilderbuch bietet Claude Berris Verfilmung von Anna Gavaldas Bestseller. Wie hier vier einsame junge Menschen zusammen- und in der Gemeinsamkeit das Glück finden und die Sorgen und Nöte des Alltags meistern, hat viel Charme. Als Kitsch kann man das leicht abtun, übersieht dann aber die Überhöhung ins Märchenhafte. Denn Berri gibt gar nicht vor, von der Realität zu erzählen, sondern stellt vielmehr dem Ist-Zustand mit deprimierender Individualisierung, Anonymität und Vereinsamung, die am Beginn in kaltem Licht und Farben geschildert werden, sanft Gemeinschaft, Menschlichkeit und Fürsorge für den anderen als Utopie gegenüber. Gekonnt trifft der Anfang Januar verstorbene Routinier stets den richtigen Ton, verknüpft sicher die zunächst parallelen Erzählstränge, wahrt die Balance zwischen Ernst und Komik und gibt dem exzellenten Ensemble um „Amelie“ Audrey Tautou Raum, um die Figuren zu entwickeln. – Sicher kein großer Film, aber einer, der durch die bruchlose Inszenierung einen Zauber verbreitet, der auch den Zuschauer mit einem sanften Schmunzeln von der Möglichkeit einer heilen Welt und eines völlig glücklichen und geglückten Lebens träumen lässt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: So, 3.5., 11 Uhr


Weiters:
Revolutionary Road – Zeiten des Aufruhrs - Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 27.4., 20.15 Uhr
7915 km – Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 30.4., 20 Uhr; Sa. 3.5., 22 Uhr
The Wrestler – TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr. 1.5. – Di, 5.5.
Pazar – Der Markt – Takino Schaan: Mi, 29.4., 20.30 Uhr; Fr, 1.5. und So, 3.5., 18.30 Uhr
Rocknrolla – Takino Schaan: Fr, 1.5. und Sa, 2.5. – jeweils 22.30 Uhr