Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 16. Apr 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (20. - 26.4.2009)

Revolutionary Road – Zeiten des Aufruhrs: Elf Jahre nach „Titanic“ sind Leonardo DiCaprio und Kate Winslet wieder gemeinsam auf der Leinwand zu sehen – dieses Mal aber nicht als tragisch endendes junges Liebespaar, sondern als Ehepaar, dessen Beziehung an der Uniformität und Enge der amerikanischen Gesellschaft der 1950er Jahre zerbricht. Während DiCaprio als Frank Wheeler sich in den Alltagstrott fügt, mit gutem Job, properem Vorstadthäuschen mit gepflegtem Garten zufrieden ist, träumt Winslet als April in Sam Mendes Verfilmung von Richard Yates Roman von einem Ausbruch aus der Monotonie und einem abenteuerlichen, aber leidenschaftlichen Neustart in Paris. – Konsequent und mit großer Stringenz inszeniert und hervorragend gespielt, entwickelt sich ein packendes Plädoyer für das Leben seiner Träume und gegen das Erstarren im leblosen Alltagstrott.
Club Vaudeville, Lindau: Di, 21.4., 20.45 Uhr (Deutsche Fassung)
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 27.4., 20.15 Uhr (O.m.U.)

 

Man on Wire: Der Tanz auf einem Seil in 400 Meter Höhe zwischen den beiden Türmen des World Trade Center als Lebenstraum. – Keine Fiktion, sondern vom Franzosen Philippe Petit beim Anblick eines Fotos der geplanten Türme im Jahr 1968 gefasst und am 7. August 1974 in die Tat umgesetzt. – Der Brite James Marsh rekonstruiert Vorbereitung und Durchführung dieses Coups in seinem vielfach ausgezeichneten Film mit Interviews mit allen Beteiligten, spärlichem Archivmaterial und nachinszenierten Szenen, die die Einordnung des Films als Dokumentarfilm problematisch erscheinen lassen, in ihrer Verspieltheit „Man on Wire“ aber eine Leichtigkeit und Poesie verleihen, die viel vom Flair von Petits Aktion, die als das  „künstlerische Verbrechen des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet wurde, vermitteln. Im unmittelbaren Einstieg mit der Fahrt zum World Trade Center und erst später eingeschobenen Rückblicken auf die Vorbereitung, schnellem Wechsel der Erzählformen und Interviewpartner, der genauen Herausarbeitung der minutiösen Planung und nicht zuletzt dem Einsatz von Michael Nymans Musik spielt „Man on Wire“ dabei geschickt mit den Spannungsdramaturgien von Bankraubfilmen, denen er an mitreißender Spannung dann auch nicht nachsteht. 
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 22.4., 20 Uhr; Fr, 24.4., 22 Uhr
TaSkino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi, 13.5., 19.30 Uhr; Do, 14.5., ca. 21.30 Uhr


März: Wie wirkt sich der Selbstmord von drei jungen Menschen auf Familie, Bekannte und das Leben in einem kleinen Tiroler Dorf insgesamt aus? Wie geht man mit der unerklärlichen Tat um, wie verarbeitet man den Verlust und den Schmerz? -  In seinem sperrigen Spielfilmdebüt versucht der Tiroler Dramatiker Händl Klaus eine Ahnung davon zu vermitteln, wie das Leben in Sprachlosigkeit erstarren kann. Nahaufnahmen und Fragmentierung der Erzählweise, bei der die Leerstellen zwischen den Bildern wichtiger sind als die banalen Bilder und Dialoge, vermitteln dabei eindringlich die Enge und Stickigkeit in diesem Dorf, doch erschwert die distanzierte Erzählweise auch den emotionalen Zugang. Bewusst offen gelassen wird dabei, ob diese Kälte und Abschottung des Einzelnen, die Unfähigkeit über Probleme zu reden und die Vorliebe, sich in Banalitäten zu flüchten, nicht Folge als vielmehr Auslöser der unerklärlichen Tat waren.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 23.4., 20 Uhr; Sa, 25.4., 22 Uhr


Snijeg - Snow: Ein bosnisches Dorf im Jahr 1997, ein Jahr nach Ende des Krieges. Abgesehen von einem Jungen und einem alten Mann leben fast nur Frauen hier, die Männer sind seit dem Krieg verschwunden – werden sie je zurückkehren? Man schlägt sich durch mit dem Verkauf von eingemachtem Obst, überlebt mehr als zu leben, da auch die Ungewissheit über den Verbleib der Männer die Entwicklung von Zukunftsperspektiven verhindert. Und dann kommt ein Immobilienmakler, der das ganze Dorf kaufen möchte, um ein Ferienzentrum zu errichten. – Soll man bleiben oder auf das finanziell lukrative Angebot eingehen?
Einfühlsam macht Aida Begic in ihrem preisgekrönten Debüt die materiellen und vor allem psychischen Verwundungen und Traumatisierungen, die mit dem Kriegsende nicht aufgehoben werden, sondern weiterwirken, sichtbar. Fast dokumentarisch ist die Schilderung des Dorflebens, nah dran ist die teilweise mit der Hand geführte Kamera und lässt den Zuschauer die Situation und die Befindlichkeiten unmittelbar erfahren. Nur einige eingeschobene magische Passagen passen nicht so recht in dieses eindrückliche Frauen- und Nachkriegsdrama.
Takino Schaan: Do, 23.4., 20.30 Uhr; Fr, 24.4. – Mo, 27.4., jeweils 18.30 Uhr


Paris, Paris – Monsieur Pigoil auf dem Weg zum Glück: Nach dem an der Kasse sehr erfolgreichen Schulfilm „Les choristes – Die Kinder des Monsieur Mathieu“ entführt Christophe Barratier den Zuschauer in die Welt des Pariser Varieté der 1930er Jahre. Bühnenarbeiter und Künstler kämpfen in der durch die Gegensätze zwischen linker Volksfront und einer rechten Partei mit dem fiktiven Namen SOC aufgeheizten politischen Stimmung um den Erhalt eines Musiktheaters.
Vorzüglich ausgestattet erweckt der in penetrante braune und goldene Farbtöne getauchte Film in pittoresken Bildern weniger die Zeit als vielmehr das Klischee davon. Schwung und Schliff bekommt diese Mischung aus Melodram, Musical und Film noir zwar durch eine stets in Bewegung befindliche Kamera, doch die Fülle der ernsten Themen und Erzählstränge gehen im äußeren Schick und der picksüßen Inszenierung unter. Nichts arbeitet Christophe Barratier wirklich heraus oder vertieft es, drückt dafür wie schon in „Die Kinder des Monsieur Matthieu“, wo immer möglich, mit einfacher Schwarzweißmalerei  auf die Tränendrüse. - Hochglanzverpackung, hinter der sich leider vor allem Kitsch verbirgt.
TaSkino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr, 24.4., 22 Uhr; Sa, 25.4., 22 Uhr; So, 26.4., 11 Uhr; Mo, 27.4., 19.30 Uhr; Di, 28.4., 21.30 Uhr; Mi, 29.4., 19.30 Uhr; Do, 30.4., 21.30 Uhr


Gilles: Mit größtem Engagement und Forderung höchster Leistungsbereitschaft trainiert der fußballbegeisterte Bert, der einst selbst Profispieler werden wollte, seinen 12-jährigen Sohn Gilles. Als der Vater völlig unerwartet stirbt, muss Gilles schlagartig einen neuen Weg im Leben finden, will aber weiter an seinem Traum von einem Dress in der belgischen Nationalmannschaft arbeiten, bis sich dann auch noch Schmerzen am Knöchel einstellen. – Laut „Filmdienst“ ist „Gilles“ kein bemühter Problemfilm, sondern ein locker und humorvoll inszeniertes Jugenddrama, das Mut und Zuversicht vermittelt und neben den Darstellerleistungen auch durch Montage und Kameraarbeit besticht.
Takino Schaan: Sa, 25.4. und So, 26.4, jeweils 16 Uhr