Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Gunnar Landsgesell · 26. Mai 2022 · Film

Cittadini del mondo - In der Ferne liegt das Glück

Weil ihnen in Italien nichts zum Leben bleibt, wollen drei Pensionisten auswandern und irgendwo noch einmal durchstarten. Dass sie dabei nicht in die Gänge kommen, sorgt für einigen Humor.

Drei nicht sonderlich begüterte Pensionisten wollen aus Rom abhauen, die Lebenskosten wären einfach zu hoch in Italien. Aber wohin? Also holen sie sich professionelle Beratung bei einem alten Professor, so, als wären sie Unternehmer, die in einem anderen Land investieren wollen. Der Mann mit dem weißem Bart und ebenso weißen Anzug fragt, welche Güter sie denn interessieren? Bier, antworten sie. Die Antwort ist einfach: in Sofia kostet ein Bier einen Euro, in Genf sechs Euro. Aber sie sollten auch noch andere Dinge berücksichtigen: etwa die Sicherheitslage, die Frage, ob das Zielland ein Steuerabkommen mit Italien hat, und auch die Xenophobie – immerhin seien wären die drei dort ja Ausländer. 

Liebenswürdige Zeitgenossen

Was bei US-amerikanischen Grandpa- oder Rentnergang-Filmen oft reichlich bemüht wirkt, begegnet einem in „Cittadini del mondo“ ganz natürlich. Die drei Herren in Gianni di Gregorio’s Auswandererkomödie, die freilich nicht von der Stelle kommt, haben den entscheidenden Vorteil, dass sie sich als Figuren nicht den Pointen eines ganzen Stabs von Gag-Schreibern beugen müssen. Sie reden so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, schimpfen und träumen ein bisschen (und sei es nur vom Gewinn bei Rubbellosen) und erreichen in ihrer Geste eines kindlichen Aufbegehrens vor allem, dass sie im Lauf der Erzählung zu liebenswürdigen Zeitgenossen werden. Fast denkt man an die Figuren der Farrelly-Brüder, deren notorische Harmlosigkeit sich angesichts der Unbilden des Lebens oft wie ein ironischer Kommentar über die Grenzen der eigenen Handlungsmöglichkeiten liest. Regisseur Di Gregorio spielt einen der drei Auswanderer, einen pensionierten Latein-Lehrer, der noch heute glaubt, dass sein Bildungsauftrag von damals erfolgreich war – bis er einen seiner ehemaligen Schüler trifft. Ennio Fantastichini (er verstarb 2018 kurz nach dem Dreh) spielt einen Mann, der zwar ein Haus im römischen Stadtteil Trastevere besitzt, dafür aber keine Pension erhält. Er war sein Leben lang lieber ungebunden. Und Giorgio Colangeli als dritten Rentner geht es nicht viel besser. In lockeren episodischen Beobachtungen, in denen sich eine männliche Krise an mehreren Fronten – von sehnsüchtigen Blicken bis mageren finanziellen Transaktionen – abzeichnet, treten auf paradoxe Weise die eigenen Lebensumstände immer deutlicher zum Vorschein. Der großen Unzufriedenheit zu Beginn des Films, die aus den drei Römern bald „Weltbürger“ machen soll, folgt ein neuer Blick auf sich selbst. Das hat nicht zuletzt auch mit der Begegnung eines schwarzen Jungen zu tun, der als Flüchtling aus Mali kam und sich gelegentlich bei einem der drei duscht. Di Gregorio verschränkt sehr sanft die Lebensentwürfe des Geflüchteten mit den drei angehenden Wirtschaftsflüchtlingen, um daraus – diegetisch wie gleichermaßen für das Publikum – eine neue Perspektive anzubieten. Für Humor ist dabei immer gesorgt, weil es das Leben eigentlich gar nicht so schlecht mit den dreien meint. Zumindest diese Botschaft erlaubt sich der Film einem augenzwinkernd mitzugeben.