Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Gunnar Landsgesell · 29. Aug 2019 · Film

Bier! Der beste Film, der je gebraut wurde

Wenn Connaisseure die Gläser an ihre Nase führen, dann muss es nicht mehr unbedingt Wein zur Verkostung sein. "Bier!" zollt der Craft-Beer-Bewegung Tribut und besucht einige engagierte Bierbrauer im In- und Ausland, erhellend.

Noch vor einiger Zeit wäre dieser Film gar nicht möglich gewesen. So viel hat sich verändert in der Welt der Bierbrauer und Biertrinker. Nun werden Gläser, ähnlich Weingläsern, ebenso schräg vor die Nase gehalten, der Geruch geprüft, verkostet, und in Sommelier-Sprache das Gebräu beurteilt. Das ist keine reine Männer-Domäne. Julia Herz zum Beispiel, Craft Beer Programme Director der Brewers Association, erkennt bei ihrem vor der Kamera getesteten Bier Aromen „fast ein bisschen in Richtung Minze oder Oregano“. Fast alles scheint nun beim Bier erlaubt, an Assoziationen zumindest. Seit das Craft Beer auch in die Supermärkte eingezogen ist, ist auch das Bierbrauen offiziell als Kunst anerkannt.

Bierbrauen als Lebenseinstellung

„Bier! Der beste Film der je gebraut wurde“ könnte tatsächlich der beste Film sein, der je über Bier gedreht wurde. Glaubt man Regisseur Friedrich Moser, ist es der erste und damit einzige Kinofilm, der sich mit dem Thema beschäftigt. Wie auch immer, Moser erweist sich als lernfreudiger Filmemacher, der bei seinen Gesprächen mit österreichischen, belgischen, italienischen, US-amerikanischen und anderen Bierbrauern so einiges an Wissen zusammensammelt. Nicht jede Begegnung ist ergiebig, doch so einige sind erhellend. Da steht grundsätzliches Wissen neben den Feinheiten über Fermentierung, Hefekulturen und urtümliche Rezepte. Die Salzburger Brauerei Stiegl zum Beispiel braut ein „Urbier“ wie in der Antike. Da warf man in kalten Wintertagen Gewürze, Datteln und Honig in die Biersuppe und ließ es vergären. Auch heute haben die Salzburger große Amphoren in der Erde eingegraben, weil diese sonst dem Druck nicht standhalten würden. Da drinnen ist es temperaturmäßig stabil und statt der Würze schütten sie die Maische hinein. Der Hopfen kam überhaupt erst im Mittelalter auf. Das Salzburger Urbier wird mit Schafgarbe, Safran, Koriander und Anis angereichert. Es wird in Mosers Film aber auch mit einigen Missverständnissen aufgeräumt. Zum Beispiel, dass die Amerikaner keine Ahnung von Bier hätten. Die Craft Beer Bewegung gibt es dort schon ziemlich lange, wie man im Film erfährt. Dazu passt, dass Moser die kleine, progressive Tiroler Bierbrauerei Bierol prominent im Film featured. Christoph Bichler, Markenzeichen Vollbart und Kappe, erzählt, wie er in den USA überhaupt erst Biervielfalt kennengelernt hatte, die ihm dann in Österreich abging. Bei Bichlers Reisen zu seinen Geschäftspartnern kommt Stimmung auf: Berge und Wälder rund um den Mount Rainier National Park und beeindruckende, gigantische Hopfenwände auf einer Farm, auf der Bichler Gespräche führt, lassen erahnen, dass I.P.A.-&-Co-Bierbrauen mit einer Philosophie zu tun hat, die den Spirit nicht allein innerhalb der österreichischen Landesgrenzen findet. Es geht um Philosophie, etwa, dass Bierol in den USA (und Australien) seinen Hopfen bezieht, weil die Qualität besonders ist und die Fairness stimmt. Welcher Teil der Einnahmen an die Landwirte zurückgeht, wird hier nicht verschwiegen. Insofern fügt sich „Bier!“ gut in Filme wie „Mondovino“ (2004) oder auch über jene zur Slow-Food-Bewegung. Politik mit den eigenen Handlungsmaximen zu machen, und diese in einen Diskurs über Umwelt und Gesundheit zu stellen, das klingt auch im filmischen Exkurs nach Italien an, wenn am Bio-Hof Il Torchio alte Sorten wie Mentana Weizen, Fiorello und Tosello als Rohstoffe angebaut werden. Diese alten Sorten wurden nie einer Bestrahlung unterzogen, hybrid gemacht oder modifiziert. So soll es sein. Prost!