Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 16. Mai 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (17.5. - 23.5. 2010)

Invictus: Kann man eine Nation, die durch Jahrzehnte der Apartheid zerrissen wurde, durch ein sportliches Großereignis wie einen Rugby World-Cup wieder einen? – Ganz so einfach, wie das sich Clint Eastwood in seinem Film über das erste Jahr der Präsidentschaft von Nelson Mandela und den parallel dazu laufenden Vorbereitungen sowie die Durchführung des Rugby World Cups in Südafrika vorstellt, geht das in Wirklichkeit wohl nicht. Unbestritten ist aber, dass der inzwischen 80-jährige Eastwood es immer noch – wenn nicht sogar immer besser – versteht, ans klassische Hollywood-Kino anzuknüpfen, ohne dass seine Filme dabei verstaubt wirken würden. Wie er komplexe Fakten auf einfache Bilder herunterbricht und souverän auf der Tastatur der Emotionen spielt, zeichnet ihn als Meisterregisseur aus.
Da wird mit der Fahrt Mandelas aus dem Gefängnis nicht nur ein historischer Moment skizziert, sondern gleich auch noch einprägsam der Riss, der durch Südafrika geht, visualisiert, wenn auf der einen Seite der Straße, auf der Mandelas Konvoi sich nähert, die Weißen Rugby und auf der anderen die Schwarzen Fußball spielen. Klar ist da schon, dass es in den folgenden zwei Stunden nur darum gehen kann, wie der mit Morgan Freeman ideal besetzte Firedensnobelpreisträger die Brüche kitten und Südafrika zu einer Nation zusammenschweißen wird. Blass bleibt zwar Matt Damon als weißer Kapitän der Rugby-Mannschaft, der zunächst dem schwarzen Präsidenten ablehnend gegenübersteht, ihn aber zunehmend schätzen und bewundern lernt, dank des perfekten Mix aus gesellschaftspolitischem Inhalt und dramatischer Rugby-Endrunde vermag „Invictus“ trotzdem auf hohem Niveau zwei Stunden spannend zu unterhalten. – Fragen darf man sich dabei freilich schon, ob denn Mandelas Hauptsorge im ersten Jahr seiner Präsidentschaft wirklich der Rugby World-Cup gewesen sein kann.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: bis Do, 20.5. 2010
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 20.5., 20 Uhr + Sa, 22.5., 22 Uhr


Up in the Air: Die Hotels der USA sind Ryan Binghams Zuhause. Im Auftrag einer Consulting-Firma jettet er mit dem Flugzeug von West nach Ost, von Nord nach Süd. 300.000 Meilen legt er im Jahr mit dem Flugzeug so zurück, sein größter Traum ist es, dass ihm von einem Piloten die Frequent Flyer-Card für die Durchbrechung der 10 Millionen Meilen Schallmauer überreicht wird. Job des Vielfliegers ist es Firmenchefs das unangenehme Aussprechen von Kündigungen abzunehmen und den Betroffenen dies als neue Chance zu verkaufen. Familienleben gibt es für ihn keines, lästig ist es ihm für die Hochzeit seiner Schwester ein Geschenk zu organisieren und selbst an dem Fest teilzunehmen. Doch dann begegnet ihm die toughe Geschäftsfrau Alex, mit der er zunächst hie und da eine Nacht im Hotelzimmer verbringt…
Mit einem glänzend aufgelegten und ideal besetzten George Clooney als zynischem Job-Terminator ist  Jason Reitman eine hinreißende Komödie im Stil klassischer Screwball-Komödien gelungen. Punktgenau sitzen die Dialoge und die Inszenierung ist so schnittig, schnörkellos und effizient, wie die Lebensführung des Protagonisten. Hier kommt kein Leerlauf auf, denn Reitman wartet auch mit mehreren überraschenden Wendungen auf. – Und immer wenn man meint zu wissen, wie der Hase nun läuft, schlägt „Up in the Air“ doch noch einen Haken.
Wie hier das ernste Thema Massenentlassungen in eine höchst unterhaltsame Komödie verpackt wird, ist auch nie als zynisch zu bezeichnen, denn nie wird auf Kosten der Betroffenen gelacht, nie wird ihr Schicksal verharmlost, weil hinter der charmanten Oberfläche immer der bittere reale Hintergrund sichtbar und spürbar bleibt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 19.5., 20 Uhr + Fr, 21.5., 22 Uhr


Nord: Mit einem Kanister mit fünf Liter Hochprozentigem schickt der Norweger Rune Denstad Langlo einen depressiven Ex-Skiläufer mit einem Snowmobil auf eine Reise durch endlos weite Schneelandschaften. Zunächst hängt Jomar nur apathisch in seiner kleinen Wohnung herum, ist sogar für seinen Job an einem wenig frequentierten Skilift zu träge. In Bewegung kommt er aber, als er erfährt, dass er einen Sohn im hohen Norden hat. Da will er doch den Nachwuchs, den er vor vier Jahren gezeugt hat, kennen lernen.
Wie der Protagonist in David Lynchs „Straight Story“, mit dem man „Nord“ schon mehrfach verglichen hat, macht auch Jomar unterwegs unterschiedliche Begegnungen, in deren Laufe er sich wandelt. Erzählt freilich Lynch von einer Reise in den Tod, so ist es bei Langlo eine von der Depression zu neuem Lebensmut.
Wunderbar lakonisch ist das inszeniert. Ohne dramatische Steigerung reihen sich bei dieser Stationengeschichte Episoden aneinander, die immer wieder durch den hinreißenden, an irische Folk-Musik erinnernden Soundtrack akzentuiert werden. Ganz von der genauen Beobachtung der Menschen, von der knochentrockenen Schilderung absonderlichster Verhaltensweisen wie einem speziellen Trinkspiel oder einer seltsamen Diebstahlsicherung mit tödlichen Folgen - oder handelt es sich hier etwa um eine ganz besonders eigenwillige Selbstmordmethode – lebt der Film des früheren Dokumentarfilmers Langlo und in jeder Szene spürt man auch seine Liebe zu seinen kauzigen Figuren.
Filmkulturclub Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 20.5., 19.30 Uhr + Fr, 21.5., 21.30 Uhr