Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 23. Mai 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (24.5. - 30.5. 2010)

The Sound of Insects: In einer verschneiten Naturlandschaft wird eine Leiche gefunden. Die Kamera zeigt aus der Distanz ihren Abtransport, während eine Off-Stimme Hintergründe erläutert: Ein Jäger habe den Toten in einer Hütte gefunden. Fein säuberlich mumifiziert sei er gewesen und schon rund hundert Tage müsse der rund 40-jährige Mann dort gelegen sein, habe aber einen minutiösen Bericht seines Sterbens hinterlassen. Dieser kühl-sachliche Text steht im Mittelpunkt von Peter Liechtis preisgekröntem Essayfilms, nicht seine Verfilmung, sondern vielmehr seine Inszenierung folgt auf diesen Prolog.
Nie wird der Selbstmörder sichtbar, vielmehr wird der Zuschauer in seine Perspektive versetzt und folgt minutiös seinen 62 Tagen des selbstgewählten Verhungerns. Den Text des Japaners Mashiko Shimada, in dem von körperlichen Schmerzen, von Folgen des Flüssigkeitsentzugs, von Gedanken an das Leben in der anderen Welt und an den Übertritt, von Zweifeln an seinem Entschluss, aber auch vom Lesen der „Divina comoedia“ erzählt wird, unterlegt Liechti mit Bildern von Naturlandschaften. Das saftige Grün der Tannenäste am Beginn wird mit Anbrechen des Herbsts zunehmend von Brauntönen verdrängt, in Großaufnahme werden ein Spinnennetz in strahlendem Sonnenlicht, Ameisen bei ihrem Tagewerk, ein Käfer oder ein hämmernder Specht ins Bild gerückt. Und auf der Tonebene hört man das titelgebende Summen der Insekten, das Zirpen von Grillen. Unberührt bleibt die Natur angesichts des Entschlusses des Mannes, die Welt reagiert auf das Sterben eines Einzelnen nicht – das Leben geht weiter.
Keine äußere Handlung gibt es hier, sondern nur eine Reise ins Innere. Im assoziativen Strom der Bilder und Töne mutet „The Sound of Insects“ dem Zuschauer einiges zu, ist aber in seiner Fülle an Eindrücken auch ungemein anregend, denn das Denken wird hier nicht gebunden, sondern befreit.
Takino Schaan: Do, 27.5., 20.30 Uhr


Peter Madsen and CIA play Silent Movies – „Broken Blossoms“: Entscheidend geprägt hat David Wark Griffith die Syntax des Films, hat ihm in vieler Hinsicht erst die Sprache gegeben. Die Parallelmontage und die Rettung in letzter Minute zur Spannungssteigerung hat er in „Birth of a Nation“ perfektioniert, mit diesem Drama aus dem amerikanischen Bürgerkrieg aber gleichzeitig den Vorwurf des Rassismus auf sich gezogen. Mit „Broken Blossoms“ gelang Griffith 1919 ein meisterhaftes Melodram. Erzählt wird von einem Chinesen, der in London die Lehre Buddhas verbreiten will und dabei auf die junge Lucy trifft, die von ihrem Adoptivvater geschlagen und gedemütigt wird. Zwischen den beiden Ausgestoßenen entwickelt sich eine zarte Beziehung, doch dann erfährt der Adoptivvater davon…
Bewegend erzählt Griffith nicht nur vom harten Leben im Exil, sondern auch von Fremdenfeindlichkeit, von einer Welt der Kälte, in der die Einheimischen voll Hass auf die Zugereisten blicken. Schutzloses Opfer sind hier die arglos Liebenden, die nirgendwo eine Heimstatt und nur für kurze Zeit Frieden finden können.  - Am Spielboden Dornbirn wird Peter Madsen mit einem Teil seiner CIA-Gruppe zu diesem Stummfilmklassiker live improvisieren.
Spielboden Dornbirn: Do, 27.5., 20.30 Uhr


Giulias Verschwinden: Geburtstage machen einem das eigene Altern immer besonders bewusst. Kein Wunder ist folglich, dass Giulia gar nicht so große Lust verspürt sich zur Feier anlässlich ihres 50ers in einem noblen Restaurant einzufinden. Nicht ungern lässt sie sich daher von einer Zufallsbekanntschaft in eine Bar einladen – und lässt die Festgesellschaft im Restaurant warten. Die wiederum vertreibt sich die Zeit mit Smalltalk, wobei das zentrale Thema die Sorgen und Nöte des Alters sind.
Parallel zu diesem Erzählstrang erzählt Christoph Schaub von einer Geburtstagsfeier im Seniorenheim, bei der sich die 80-jährige Jubilarin gar nicht ihrem Alter entsprechend verhält, sowie von zwei Teenagern, die durch ein Einkaufszentrum ziehen und gerne älter wären.
Brillant sind die Dialoge von Martin Suter, der das Originaldrehbuch schrieb, lustvoll agieren die Schauspieler und dennoch ist die Statik dieser Dialogkomödie nicht zu übersehen. Visuell fällt Christoph Schaub nicht allzu viel ein, vertraut ganz auf Suters Bonmots und den Wechsel zwischen den verschiedenen Erzählebenen. Amüsant anzusehen ist das durchaus, doch je länger der Film dauert, desto offener tritt auch eine gewisse Substanzlosigkeit zu Tage, drehen sich die Gespräche übers Alter und Altern letztlich doch im Kreis.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr, 28.5. – Do, 3.6.