Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 09. Mai 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (10.5. - 16.5. 2010)

Full Metal Village: Wer kennt schon Wacken, ein kleines Dorf in Schleswig-Holstein. Der Himmel ist hier weit, das Land flach, kein Berg begrenzt den Horizont und die Menschen leben von der Landwirtschaft. – Ende August aber wird dieser Flecken in der Nähe von Itzehoe zum Zentrum der Metal-Fans. 1990 erstmals durchgeführt hat sich das „W:O:A“, das Wacken Open Air inzwischen zum weltweit größten Heavy-Metal-Festival entwickelt. 40000 Fans kommen alljährlich zu diesem Event. Im herzerwärmenden Dokumentarfilm der in Korea geborenen und in Deutschland lebenden Sung-Hyong Cho rückt dieses Festival aber erst gegen Ende ins Blickfeld.
Einen „Heimatfilm“ nennt die Regisseurin „Full Metal Village“ im Vorspann und so erkundet sie im Stil einer Ethnographin genau und mit viel Sympathie für die Menschen den Alltag in diesem Dörfchen, rückt sich dann und wann auch selbst als Interviewerin ins Bild, hält sich aber insgesamt weitgehend zurück. Geschickt ist der Film so dramaturgisch auf das Festival hin aufgebaut, spielt den Kontrast zwischen provinziellem bäuerlichem Alltag und Heavy Metal, der schon im Titel angedeutet wird, und zwischen Alt und Jung konsequent durch, lässt dabei beide Seiten gelten und verurteilt keine.
Sichtbar werden dabei nicht nur permanent die Gegensätze von Jung und Alt, die Idylle als Gegensatz zur modernen Welt, sondern auch die Probleme der Region, vor allem der Landwirtschaft. Viel Zeit lässt sich Sung-Hyong Cho für diese Dorfbeschreibung, schneidet manche Szene dennoch vielleicht sogar zu früh ab und entwickelt sich doch  schön langsam, aber sehr zielstrebig zum Open-Air hin. Erst spät kommen die LKW des Event-Teams an, mit denen dann die Vorbereitungen für das Festival einsetzen, bei dem beinahe das ganze Dorf beteiligt ist.
Club Vaudeville, Lindau: Di, 11.5., 19.30 Uhr


Reservoir Dogs: Unverkennbar ein Film von Quentin Tarantino ist schon sein 1992 entstandenes Debüt. Vieles von dem, was die späteren Filme des 1963 geborenen Amerikaners auszeichnet, findet sich schon in diesem harten Gangsterfilm: Lakonische Dialoge, brutale Gewalt gemixt mit trockener Komik und das Aufbrechen der linearen Erzählstruktur.
Nach einer Pre-Title-Sequence, bei der sechs Gangster, die nichts voneinander wissen und Decknamen tragen, in einem Diner Smalltalk führen, ist in der nächsten Szene der Überfall auf ein Schmuckgeschäft schon vorüber – und mächtig schief gelaufen. Mr. White (Harvey Keitel) bringt den durch einen Bauchschuss schwer verletzten Mr. Orange (Tim Roth) in eine verlassene Lagerhalle, die in der Folge zum einzigen Schauplatz des Films wird. Hier werden auch die anderen Gangster eintreffen und eine fieberhafte Suche nach dem Verräter wird einsetzen. Der Schauplatz wird zur Bühne und theatralisch agieren auch die Gangster. Ausgeliefert sind sie der Situation, im staatlichen Gefängnis mögen sie noch nicht sein, doch die Welt wird ihnen zum Gefängnis. Erst langsam fügt sich in drei Rückblenden aus Puzzleteilen ein Gesamtbild der Vorgeschichte.
Die Story vom Scheitern des vermeintlich perfekten Coups kennt man nicht nur von Meisterwerken wie John Hustons „Asphalt Jungle“ oder Stanley Kubricks „The Killing“, doch bei Tarantino läuft alles brutaler, trockener und cooler ab. En detail und in Echtzeit zeigt er beispielsweise wie ein Gangster einen als Geisel genommenen Polizisten foltert, ihm ein Ohr abschneidet und ihn mit Benzin übergießt. Zynisch und mitleidlos ist Tarantinos Blick, seine Filme kennen keine Moral und am Ende gibt es keine Sieger.
Spielboden Dornbirn: Di, 11.5., 20.30 Uhr


Der Räuber: In den 80er Jahren sorgte in Österreich ein Bankräuber, der der Polizei regelrecht davon lief für Aufsehen. Maskiert mit einer Ronald-Reagan-Maske und bewaffnet mit einer Pumpgun – weshalb er auch als Pumpgun-Ronnie in die österreichische Kriminalgeschichte einging – überfiel er mehrere Banken, und entkam nach seiner Festnahme auch noch durch Sprung aus dem Fenster der Polizeistube in den Wienerwald, ehe er Selbstmord beging, als das Polizeinetz immer enger wurde.
Nach dem sich am realen Fall orientierenden Roman von Martin Prinz hat Benjamin Heisenberg diese Geschichte als kühl-distanzierte, aber sehr präzise Studie eines von Andreas Lust großartig gespielten Einzelgängers inszeniert, die Geschichte aber in die Gegenwart verlegt. Es beginnt mit einem Trainingslauf Rettenbergers im Gefängnishof, der sich auf dem Laufband fortsetzt. Nach sechs Jahren Haft wegen versuchten Bankraubs steht nun Rettenbergers Entlassung an. Wenig Bereitschaft zeigt er allerdings zur Kommunikation mit seinem Betreuer: Er will seine Ruhe haben. Rennen, wobei er beim Wien-Marathon überrascht, wird zu seinem Lebensinhalt – und das Überfallen von Banken. Eine Bekannte von früher interessiert sich für ihn, doch eine wirkliche Beziehung entwickelt sich nicht. Verschlossen bleibt Rettenberger, will ein Leben nur für sich führen, nichts von sich preis geben.
Kühl wie die Filme von Michael Mann – im Speziellen „The Thief“ – hat Heisenberg diese Studie im Thrillergewand inszeniert, konzentriert sich ganz auf den Protagonisten, für den die Taten wie eine Sucht scheinen. Keine psychologischen Erklärungen werden angeboten, auf Emotionalisierung wird verzichtet, aber in der Konsequenz der Inszenierung entwickelt sich „Der Räuber“ zu einem existentialistischen Film über innere und äußere Freiheit, über Entscheidungen, die man selbst fällen kann oder muss, innere Zwänge und das Getriebensein.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi, 12.5., 19.30 Uhr + Do, 13.5., 21.30 Uhr