Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 02. Mai 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.5. - 9.5. 2010)

The Hurt Locker – Tödliches Kommando: Nichts anderes als ein Dreimannteam bei der Entschärfung von Bomben in Bagdad und Umgebung zeigt Kathryn Bigelow in ihrem mit sechs Oscars ausgezeichneten Actionfilm. - Und der Zuschauer fühlt sich mitten drin.
Kein Kommentar zum Irak-Krieg liefert Bigelow und legt auch keinen moralisierenden Antikriegsfilm vor. Die Grenzen von Gut und Böse haben sich in diesem beinharten Männerfilm längst aufgelöst. Zwar übernimmt man konsequent die Perspektive der Amerikaner, fragt sich – politisch völlig unkorrekt – auch immer wieder, wieso die Soldaten so lange zögern und nicht schneller abdrücken, wenn ein Passant eine Bombenentschärfung filmt, um sie dann auf You Tube zu stellen oder ein Taxifahrer Absperrungen durchbricht und Haltebefehle nicht befolgt. Helden sind die Protagonisten aber dennoch keine.
Pures physisches Kino wird hier geboten. Einzig ums nackte Überleben geht es und wie in den kleinen Kriegsfilmen der 1950er Jahren von Anthony Mann oder Samuel Fuller ist die Handlung im Grunde auf ein Minimum reduziert. Schier unerträgliche Spannung entsteht allerdings aus der Tatsache, dass Bigelow es versteht die Anspannung und ständige Bedrohung physisch erfahrbar zu machen.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: bis Do, 6.5. 2010


Bad Lieutenant: Vor die Bilder einsetzen, hört man schon auf der Tonebene Kommentare und Interviews zur "Best of Seven"-Finalserie in der amerikanischen Baseballliga. 3:0 steht es für die L. A. Dodgers gegen die New York Mets – ein Sieg reicht den Dodgers zum Titelgewinn. Durch den ganzen Film ziehen sich diese Spiele, immer wieder hört man eine Radioreportage oder eine Fernseheinschaltung dazu, bis zur totalen Wende, zum sensationellen 4:3 Sieg für die Mets. Der namenlose Lieutenant setzt aber ein fürs andere Mal höhere Summen auf die Dodgers.
Am Morgen bringt er seine Kinder zur Schule, die Familie wird danach im Film nicht mehr auftauchen. Er sniefft Koks, zieht sich Alkohol hinein, geht zu Ermittlungen an einem Mord-Schauplatz, staubt dabei nebenbei Drogen ab, hält zwei junge Frauen im Auto an, die er zu simuliertem Oralsex zwingt, während er masturbiert. Und schließlich muss er im Fall einer brutal vergewaltigten, mit dem Kruzifix entjungferten Nonne ermitteln, die zu seinem großen Erstaunen, ja Entsetzen, ihren Peinigern vergibt
Abel Ferrara entwickelt in kühl distanzierter Inszenierung ein fiebriges Psychogramm eines, leidenden, zerrissenen und innerlich zerstörten Menschen. Zentrum und Motor des Films ist dabei Harvey Keitel, der diesen Lieutenant mit seltenem Mut zur Selbstentblößung und Hässlichkeit spielt. Durch Keitels Spiel und die Rohheit und Kompromisslosigkeit der Inszenierung entwickelt „Bad Lieutenant“ eine Intensität, die diesen Film zu einer zwar quälenden, aber auch lange nachwirkenden Erfahrung macht.
Spielboden Dornbirn: Di, 4.5. + Mi, 12.5. – jeweils 20.30 Uhr


Sita Sings the Blues: Der Titel ist Programm und weist schon auf die Spannbreite von Nina Paleys 82-minütigem Animationsfilm hin. Nicht zusammen passen wollen im Grunde die aus dem indischen „Ramayana“-Mythos entnommene Frauenfigur „Sita“ und die uramerikanische Musikrichtung Blues. Doch Paley hat Parallelen zwischen der Handlung des indischen Nationalepos und den melancholischen, aus den 1920er Jahren stammenden Jazz-Songs von Anne Hanshaw (1901 – 1985) entdeckt – und zudem noch zu ihrer eigenen Situation, da sie gerade von ihrem Mann verlassen wurde.
So erzählt „Sita Sings the Blues“ auf drei Ebenen von verlassenen Frauen. Der Gegensatz der Kulturen, von Gegenwart und Vergangenheit, von Mythos und Realität löst sich dabei in der Parallelität der Geschichten auf. So universell und zeitlos der Film damit auf seiner Handlungsebene ist, so liebevoll und einfallsreich ist er in seiner visuellen Gestaltung und Erzählweise.
Strichmännchen dominieren in Paleys Ehegeschichte, an der Cartoon-Heldin Betty Boop orientiert sich dagegen die Animation der Jazz-Sängerin Anne Hanshaw, die mit ihren Gesangseinlagen gewissermaßen Handlungspausen im „Ramayana“ setzt, das Geschehen kommentiert und emotional vertieft.
Ganz anders wiederum ist der Stil, in dem die „Ramayana“-Geschichte erzählt wird. Farbenprächtig, im Stil der indischen Rajput-Malerei sind diese Szenen inszeniert, gleichzeitig unglaublich einfallsreich und verspielt in den Details wie Sonnen- und Mondwagen, einer kreisenden Erdkugel oder fantastischen lila Vögeln. So gewinnt durch die Fabulierfreude Palins – oder des „Ramayana“ – eine im Grunde traurige Geschichte durchaus komödiantische Züge und viel Charme. Pures Kino von einem Formenreichtum wie er nur im Animationsfilm möglich ist, ergibt das und in gut 80 Minuten bekommt man ganz locker gleich drei Geschichten erzählt.
Takino Schaan: Mi, 5.5., 20.30 Uhr