Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Gunnar Landsgesell · 24. Mai 2019 · Film

Aladdin

Wieder reibt ein Straßendieb an einer Wunderlampe und endet in den Armen einer Prinzessin. Tiefgang wird von Guy Ritchies Neuauflage von Aladin niemand erwarten, insofern lassen sich Tanz und Farbenpracht der Disney-Produktion durchaus genießen. Will Smith als blauer Geist aus der Lampe avanciert dabei zum eigentlichen Star.

Bei einem Märchenstoff wie Aladin, der bereits zwanzig Mal verfilmt wurde, fragt man sich: Was kann die 21. Verfilmung dem noch hinzufügen? Die Antwort ist: nichts, außer ein zweites „d“ im Namen der Titelfigur. Das heißt aber nicht, dass Guy Ritchies „Aladdin“ nicht noch einmal die Wunderlampe reiben und ein wenig entstauben darf. Der blaue Geist, den der indische Schauspieler Mena Massoud als Aladdin nach 1000 Jahren aus dem Kupfergefäß befreit, ist ganz Kind unserer Zeit. Zwischen Texttreue und Smart-Ass-Sprüchen verwirbelt Will Smith als Dschinni (wo kommt hier das „i“ wieder her?) das opulente Kostümdrama mit vielen Griffen in die CGI-Zauberkiste. Naivität ist bei dieser Disney-Produktion nicht verboten, ganz im Gegenteil, aber nur Smiths Figur bezieht daraus auch einen frischen Witz. Bekanntlich hat der Besitzer der Zauberlampe drei Wünsche frei, die ihm der Geist erfüllt. Dass Aladdin seinen Dschinni fragt, welchen Wunsch er selbst eigentlich hätte, gehört zu einer der Freiheiten, die sich die Macher (Tim Burtons langjähriger Drehbuchautor John August) erlauben. Ansonsten bleibt alles beim Alten: Es ist die Geschichte vom Jungen, der sich mangels Eltern in der fiktiven Stadt Agrabah als gewandter Dieb durchschlägt. Eine soziale Aufsteigergeschichte, die in der wundersamen Hochzeit mit der Prinzessin Jasmin (Naomi Scott) gipfelt, natürlich dank des Zaubers der Lampe. Der Antagonist Dschafar (Marwan Kenzari) baut sich auch in dieser Adaption gefährlich auf, um die Macht im Sultanat an sich zu reißen, besonders diabolisch wirkt er dabei nicht.

Achtung, hier wird gesungen

Guy Ritchie weiß, wie man eine Disney-Produktion inszeniert: farbenfroh, dynamisch und laut, immer der Übertreibung verpflichtet und manchmal auch einem persönlichen Moment. Dann blicken sich der Dieb und die Prinzessin verstohlen in die Augen. Süß entworfen, aber dennoch kühl in ihrer Computerästhetik begleiten Tiger, Äffchen und Papageien ihre Herren. Ein fliegender Teppich, der sich untertänig verneigt, zappelt mit Aladdin durch die Lüfte. Das alles ist überraschend kurzweilig, dass immer wieder gesungen wird und „Aladdin“ eigentlich ein Musical ist, tut dem keinen Abbruch. Die Amerikaner verstehen sich gerade in Filmen wie diesem auf freizügige, unbeschwerte Interpretationen. Die Paraden, Tänze und Aufmärsche erinnern an Breakdance, an brasilianischen Samba und an indische Festlichkeiten. Tiefgang wird von diesen Protagonisten niemand erwarten, insofern enttäuscht auch Guy Ritchies Inszenierung nicht. Skepsis gab es hingegen, wie man mit den Stereotypien des Stoffes umgehen würde. Der Orientalismus vergangener Jahrzehnte macht sich heute nicht mehr so gut. Und auch ein weißer Cast in einer persischen Erzählung wäre ziemlich out. Tatsächlich umschifft "Aladdin" die schwierigsten Passagen ganz gut. Gute Unterhaltung, die auch bald darauf wieder verpufft.