Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 23. Mai 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (24.5. - 30.5. 2019)

In Lustenau startet „Hofkultur im Gutshof Heidensand“ sein heuriges zweiwöchiges Filmprogramm mit dem französischen Animationsfilm „Die Winzlinge – Operation Zuckerdose“. Am Spielboden Dornbirn steht dagegen mit Peter Brunners „To the Night“ ein intensiver Trip in die Psyche eines traumatisierten und psychisch labilen New Yorker Künstlers auf dem Programm.

Die Winzlinge – Operation Zuckerdose: Nach der Serie „Minuscule“ haben Thomas Szabo und Hélène Giraud einen abendfüllenden Spielfilme gedreht, in dem fast ausschließlich Insekten vorkommen, kein Wort gesprochen wird und die animierten Tiere mit realen Landschaftsaufnahmen – gefilmt wurde im Mercantour und im Ecrins Nationalpark – kombiniert werden.
Ausgangspunkt der Handlung ist einerseits, dass ein menschliches Paar übereilt ein Picknick verlässt, weil die Frau hochschwanger ist, und alle möglichen Reste, aber auch eine Zuckerdose zurücklässt, andererseits, dass ein frischgeschlüpfter Marienkäfer beim ersten Ausfliegen den Anschluss zu seiner Familie verliert und sich schließlich in die Zuckerdose rettet. Diese aber wird bald von schwarzen Ameisen abtransportiert, die wiederum kurz darauf von bösen roten Ameisen verfolgt werden.
Der Plot erinnert an einen Western mit Verteidigung eines Forts durch eine kleine Gruppe Weißer gegen übermächtige Rote. Schon bedenklich ist, welche Feindbilder Szabo/Giraud da aufbauen und welche martialischen Töne sie mit Katapult mit Kastanien und Tannenzapfen, Pfeilgewitter und Abwehr mit von Menschen weggeworfenen Tabletten-Dosen, Angriff mit Raketen- oder Bombenfeuerwerk auf der anderen Seite anschlagen.
Davon abgesehen bezaubert "Die Winzlinge - Operation Zuckerdose" aber durch den Verzicht auf menschliche Sprache und die im Grunde einfache, aber doch einfallsreich gestaltete Handlung. Nicht alles mag da passen, wenn ein Maikäfer mit Streichholzschachtel durch die Luft fliegt oder eine Ameise sechs Würfelzucker schleppt. – Aber einen neuen Blick auf die Welt der Insekten lässt dieser an Stummfilme erinnernde und mit einigem Slapstick erfreuende Film doch werfen.
Gutshof Heidensand, Lustenau: Sa 25.5., 12.30 Uhr

 

To the Night: Peter Brunners amerikanisch-österreichische Koproduktion, hinter der unter anderem Ulrich Seidl als Koproduzent steht, ist kein braves europäisches Subventionskino, sondern bietet einen wilden Trip ins Innenleben eines traumatisierten New Yorker Künstlers.
Psychisch labil und von Medikamenten abhängig schwankt der Protagonist zwischen liebevollem Umgang mit Frau und Baby und Ausbrüchen von Aggressivität, die ein Familienleben schwer machen. Um das Trauma zu verarbeiten, das der Verlust seiner Eltern durch einen Brand auslöste, versucht er das Ereignis künstlerisch nochmals zu inszenieren, macht dabei aber auch wiederum tragische Erfahrungen.
Statt rund eine Geschichte zu erzählen, zieht Brunner mit abrupten Szenen- und Stimmungswechsel, vor allem aber mit großer Nähe zu den physisch ungemein präsenten Darstellern, die in Großaufnahmen intensiv die Gefühle ihrer Figuren ausagieren können, den Zuschauer in die psychische Verfassung des von Caleb Landry Jones mit großem Einsatz gespielten Protagonisten hinein und reißt ihn mit.
Spielboden Dornbirn: Di 28.5. + Do 20.6. - jeweils 19.30 Uhr

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