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Peter Füssl · 23. Mai 2019 · CD-Tipp

Kompost 3: Abyss/Aloft

Zum zehnjährigen Band-Jubiläum beschenken sich Kompost 3 selber und ihre zahlreichen Fans mit einem kaum zu überbietenden musikalischen Gegensatzpaar: „Abyss“ und „Aloft“.

„Abyss“ führt von der mythologischen Bedeutung her in die Tiefe, in die Unterwelt, ins Totenreich, in den Abgrund. Trompeter Martin Eberle, Keyboarder Benny Omerzell, Bassist Manu Mayr und Drummer Lukas König laden randvoll mit Elektronik aufgerüstet zur Expedition in dunkel verhallte Klangwelten ein und entwerfen vielschichtige, polyrhythmisch verschachtelte Soundscapes, in denen sich die einzelnen Instrumente manchmal fast aufzulösen scheinen. Der Einfluss des hippen Elektronic-Pop-Projekts 5K HD, das die vier Musiker äußerst erfolgreich mit der Schmids Puls-Sängerin Mira Lu Kovacs betreiben, auf die ausgedehnten Soundtüfteleien im Studio, ist unüberhörbar. Aber Kompost 3 ließen sich niemals auf nur eine Richtung festlegen, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass es mit „Aloft“ im krassen Gegensatz zum Vorgängeralbum, das bereits letzten Herbst erschienen ist, nun wieder in lichte Höhen empor geht, was zugleich eine Rückkehr zu konventionelleren Kompositionstechniken und eine Konzentration auf akustisches Instrumentarium bedeutet. Jeder habe zuhause komponiert, erzählt Eberle, dann wurde innerhalb von eineinhalb Tagen jedes Stück dreimal eingespielt – ohne Trennwände, ohne Kopfhörer – und schließlich einer von den Takes ohne Nachproduktion verwendet. Es habe Spaß gemacht, im Gegensatz zum aufwändig produzierten, total hochstilisierten „Abyss“ wieder einmal „back to the roots“ zu gehen und klassisch jazzmäßig zu produzieren. Es gibt auf „Aloft“ schon noch Überschneidungen mit dem Vorgängeralbum – so hat Manu Mayr den Titel „Cloudscape Nebulosus“ noch elektronisch orientiert mit Low-pass-Filtern geschrieben, was die Band im Studio dann mit akustischen Mitteln zu realisieren versuchte. Der Ausdruck „klassisch jazzmäßig“ ist natürlich ohnehin nach Kompost 3-Kriterien zu verstehen, was heißen soll: Höchst kreativ und vollgestopft mit unkonventionellen Ideen, rhythmische und harmonische Achterbahnfahrten, unerwartete Soundkonstellationen und ein buntes Spektrum an Stimmungen, stilistische Vielschichtigkeit und exzellente Soli. Viele Kompost 3-Stücke gleichen musikalischen Wundertüten, die mit Überraschungen vollgestopft sind, wobei das Spektakel niemals auf Kosten der musikalischen Substanz abgefeiert wird. „Abyss“ gibt es ja bereits als CD und digital, „Aloft“ wird nur digital erscheinen. Es sei denn, man gönnt sich „Abyss/Aloft“ als limitiertes Doppelalbum auf Vinyl – was nicht nur Plattenfetischisten zu empfehlen ist. (JazzWerkstatt Records)

Konzerttipp: Kompost 3 spielen am 6.6. um 20 Uhr im vorarlberg museum in Bregenz.