Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 08. Nov 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (9.11. - 15.11. 2009)

Louise Michel: Benoît Delépine und Gustave Kervern rechnen in ihrer pechschwarzen Komödie auf ihre Art mit Großkonzernen und Firmenbossen ab: Sie lassen entlassene Arbeiter einen Killer engagieren, der den Boss beseitigen soll. Ganz so einfach ist das in Zeiten der Globalisierung aber doch nicht.
Nicht nur der englische Titel „Louise Hires a Contract Killer“ erinnert an Aki Kaurismäkis „I Hired a Contract Killer“, sondern auch die wortkarge, lakonische Inszenierung. Die Handlung holpert allerdings im Vergleich zum Film des finnischen Meisterregisseurs recht unbeholfen dahin, und ein echter dramaturgischer Aufbau fehlt. Hinreißend sind aber fraglos die einzelnen Szenen und überschäumend der Einfallsreichtum der Regisseure, wobei auch hemmungslos alle Grenzen des guten Geschmacks überschritten werden und der 11. September ebenso wie eine Krebskranke oder ein serbischer Tschetnik für einen Scherz herhalten müssen. In der losen Szenenfolge kann man freilich auch eine inszenatorische Strategie sehen, mit der man nicht nur auf der inhaltlichen Ebene ganz im Sinne der Titel gebenden französischen Anarchistin des 19. Jahrhunderts, die hier auf ein Duo aufgeteilt wird, jede gesellschaftliche Ordnung, sondern auch formale Regeln zerstören will.
Takino Schaan: Do, 12.11., 20 Uhr; Sa, 14.11. – Mo, 16.11. – jeweils 18 Uhr


Spur der Steine: Ein Film aus der DDR, der auch im Arbeiter- und Bauernstaat der 60er Jahre spielt, aber mit Elementen des amerikanischen Westerns arbeitet. Das beginnt schon mal beim Cinemascope-Format, das „Spur der Steine“ Weite verleiht. Betont wird damit, verstärkt noch durch das Schwarzweiß, die Einöde, in der sich die Großbaustelle befindet. Die wiederum wirkt freilich wie ein abgelegenes Westernkaff. Nichts geht hier aufgrund der Misswirtschaft der Bürokratie weiter, einzig der Bauarbeiter Hannes Balla treibt in Eigeninitiative die Arbeiten voran, sorgt dafür, dass Material für seine Arbeiter vorhanden ist – und legt sich dabei auch mit den Behörden an. Wenn Balla und seine Truppe aufmarschieren sieht das aus wie in „Die glorreichen Sieben“.
Einen Gegenpart, nicht nur auf der Baustelle, sondern auch in der Liebe um eine junge Ingenieurin findet Balla im neuen Parteisekretär Horrath – und doch verbindet die beiden der gegenseitige Respekt und das Misstrauen gegenüber einer unfähigen Führung.
Ideal besetzt mit Manfred Krug in der Rolle des nach außen rohen Balla, in dem eine sanfte Seele schlummert, und von Frank Beyer kraftvoll inszeniert ist „Spur der Steine“ einerseits ein handfestes, zupackendes Kinostück und andererseits eine scharfe Kritik an bürokratischer Schlamperei, der Unfähigkeit vieler Parteikarrieristen sowie der Politik der Vertuschung und der Lügen. Den offiziellen Stellen gefiel dieses Bild der DDR überhaupt nicht: Störtrupps wurden in die Vorstellungen geschickt und die so organisierte Unruhe als „gesunder Protest der arbeitenden Bevölkerung“ deklariert. Rasch wurde der Film zurückgezogen und kam erst nach der Wende wieder in die Kinos.
Spielboden Dornbirn: Sa, 14.11., 20.30 Uhr


Little Alien: Nina Kusturica begleitet zwei junge somalische und zwei junge afghanische Flüchtlinge kommentarlos mit der Kamera durch ihren von Hoffen auf Genehmigung und Angst vor Ablehnung des Asylantrags geprägten Alltag in Österreich. Gleichzeitig wirft die Dokumentarfilmern dazwischen immer wieder schlaglichtartig einen Blick auf die Abschottung Europas an seinen Grenzen und die Versuche von Jugendlichen von Griechenland und Nordafrika aus diese Grenzen zu überwinden.
Bewegend wird „Little Alien“ – der Titel ist die internationale Bezeichnung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – durch den Blick Kusturicas. Ganz auf Augenhöhe der Jugendlichen und nah an ihnen dran ist die Dokumentarfilmerin. Man spürt das große Vertrauensverhältnis, das zwischen ihr und den ungemein natürlich agierenden Porträtierten besteht. Nicht als Opfer erscheinen sie so, sondern als Jugendliche mit ganz normalen Wünschen und Sehnsüchten, die sich auch freuen und lachen können, ohne dass dabei das harte Flüchtlingsschicksal jemals bagatellisiert wird.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa, 14.11., 22 Uhr; So, 15.11., 11 Uhr