Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Walter Gasperi · 07. Okt 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (8.10. - 14.10. 2021)

Der FKC Dornbirn zeigt diese Woche den Dokumentarfilm "Hinter den Schlagzeilen, in dem Daniel Sager die Aufdeckung der "Ibiza-Affäre" durch die Journalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier nachzeichnet. In der Bludenzer LeinwandLounge steht dagegen Maria Schraders leise Komödie "Ich bin dein Mensch", die bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises gerade groß abräumte, auf dem Programm.

Hinter den Schlagzeilen: Daniel Sager begleitete zwei Jahre die beiden investigativen Journalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier von der Süddeutschen Zeitung und bietet anhand der Recherchen im Fall der Ermordung der maltesischen Journalisten Caruana Galizia und der "Ibiza-Affäre" Einblick in ihre Arbeit.
Mit den Mitteln des Direct Cinema arbeitet Sager, wenn er auf jeden Kommentar verzichtet und sich darauf beschränkt seinen Protagonisten mit der Kamera bei ihren Recherchen und bei Diskussionen mit Kolleg*innen, Juristen oder dem Chefredakteur zu folgen. Gleichzeitig bricht er aber auch die Regeln dieser dokumentarischen Richtung, wenn zur Dramatisierung Musik eingesetzt wird oder die beiden Journalisten in die Kamera und damit zum Publikum über ihre Arbeit sprechen.
Dichte gewinnt dieser ebenso nüchterne wie genaue Dokumentarfilm durch die Konzentration auf die beiden Protagonisten und ihre Arbeit. Hautnah folgt Sager ihnen mit der Kamera, bietet vielfältige und spannende Einblicke in ihre Arbeit und zeigt auch ihre Wirkung und Bedeutung, wenn er seinen Film mit dem Rücktritt der österreichischen Regierung infolge der Aufdeckungen enden lässt. – Wichtig ist damit aber auch dieser Film, der in Zeiten der Einschränkung der Pressefreiheit in Ländern wie Russland, Türkei und Ungarn und der Diffamierung der Arbeit kritischer Journalisten als Fake News eindrücklich die Bedeutung von kritischem Journalismus, der die Machenschaften machtgieriger Politiker und Missstände aufdeckt und damit auch einen wesentlichen Beitrag zum Bestand der freien Gesellschaft leistet, aufzeigt.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 13.10., 18 Uhr + Do 14.10., 19.30 Uhr

Ich bin dein Mensch: Eine kühle Anthropologin (Maren Eggert) soll einen humanoiden Roboter (Da Stevens) als Partner testen, um bei der Ethikkommission eine Einschätzung solcher Lebensgemeinschaften abzugeben.
Perfekt vermittelt Maria Schrader in ihrer auch mit seiner unaufdringlichen visuellen Eleganz punktenden, mit vier Deutschen Filmpreisen ausgezeichneten Komödie die Kälte in der Beziehung und die Nüchternheit Almas am Beginn durch die Ausstattung mit in Weiß und Blau getauchten, von klaren Linien bestimmten Bauten und Räumen. Ganz im Hier und Jetzt und nicht in der Zukunft spielt dieser Film und verzichtet auch auf Informationen zur Produktion der Humanoiden oder auf sonstige technische Gimmicks. Erst als die Gefühle ins Spiel kommen, verlässt der Film das kalte und sterile Berlin und entwickelt Wärme.
Mit schönen Wendungen treibt Schrader die Handlung voran und kann dabei auf ihre perfekt harmonierenden HauptdarstellerInnen bauen, die ein hinreißendes ungleiches Paar geben, das Erinnerungen an die amerikanischen Screwball-Komödien wecken kann. Da überzeugt auf der einen Seite Maren Eggert als Anthropologin, deren Panzer langsam zerbröckelt, während Dan Stevens Tom mit wunderbarer Zurückhaltung und Stoizismus spielt.
Je mehr Gefühle ins Spiel kommen, desto melancholischer wird diese menschliche Komödie. Bruchlos gelingt Schrader diese Entwicklung und punktgenau trifft sie jeden Ton. Nie aufdringlich wird philosophiert und doch spricht "Ich bin dein Mensch" unterschiedlichste Punkte des Menschlichen an, stellt der heutigen Optimierungssucht und dem Streben nach permanenter sofortiger Befriedigung von Wünschen und Sehnsüchten, gerade auch die Defizite wie Egoismus und Wut oder unerfüllte Sehnsüchte als Charakteristika des Menschen dar.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 13.10., 19 Uhr

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