Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Walter Gasperi · 06. Sep 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (7.9. - 13.9. 2009)

Tulpan: Von seinem Militärdienst auf den Meeren der Welt kehrt der junge Assa in die kasachische Steppe zurück. Unsterblich hat er sich nun in Tulpan verliebt, die freilich die einzige Frau in dieser menschenleeren Gegend ist. So umwirbt er sie hartnäckig, denn auch eine Schafherde bekommt er nur, wenn er eine Frau hat.
Eindrücklich erzählt Sergej Dwortsevoj in seinem Spielfilmdebüt mit dokumentarischem Gestus vom Leben in der kasachischen Steppe und vom Vordringen der Moderne in die archaische Landschaft. Großartig sind die Totalen, bei denen ein Drittel die staubige Steppe und zwei Drittel der endlose Himmel einnehmen. Packend ist es, wenn hier ein Sandsturm losbricht und man den ständigen Staub fast zu spüren meint. Geschickt wird dabei die realistische Alltagsschilderung mit der fiktiven, von feinem Humor durchzogenen Liebesgeschichte verknüpft. Wie schon der mongolische Berlinale-Sieger „Tuyas Hochzeit“ ist auch "Tulpan" ein einfacher Film, der freilich gerade in seiner Einfachheit und Natürlichkeit eine Kraft entwickelt, wie man sie fast nur noch bei Filmen von den Rändern der Welt findet. Die großen Filme der Gegenwart schauen anders aus, dennoch vermögen solche kleinen Werke in ihrer Menschlichkeit vielfach mehr zu bewegen als hochartifizielles westliches oder ostasiatisches Kunstkino.
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 7.9., 20.15 Uhr


Wendy and Lucy: Die junge Wendy ist mit ihrem Hund Lucy auf dem Weg von Indiana nach Alaska, wo sie hofft Arbeit zu finden. Unterwegs gibt ihr klappriger Wagen den Geist auf, und dann wird sie auch noch in einem Supermarkt beim Diebstahl von Hundenahrung erwischt. Um ein Exempel zu statuieren, wird Wendy der Polizei übergeben, wo sie fotografiert wird und ihre Fingerabdrücke abgenommen werden. Als sie nach Stunden zum Supermarkt zurückkehrt, ist ihr Hund, das einzige Wesen, zu dem sie Kontakt hat, verschwunden.
Nichts Spektakuläres passiert in diesem Film, es gibt keinen wirklichen Anfang und kein Ende, sondern nur einen Ausschnitt aus einem Leben. Aber gerade in der unaufgeregten und einfachen Erzählweise bietet Kelly Reichardt einen zutiefst bewegenden Einblick in ein anderes Amerika. Nicht mit großer Geste, sondern ganz beiläufig werden da Obdachlose und Arbeitslose und die Not Wendys ins Bild gerückt. Solidarität und Unterstützung kann man da von kaum jemandem erwarten, einzig ein zunächst sehr zurückhaltender Wachmann, der selbst der Unterschicht angehört, zeigt gegen Ende Mitgefühl. Und im Kontrast zu dieser Armut stehen die übervollen Regale im Supermarkt, die Emotions- und Mitleidlosigkeit der Supermarktangestellten und Polizeibeamten.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi, 9.9., 19.30 Uhr; Do, 10.9., 21.30 Uhr


La zona: Drei Jugendliche nützen einen Stromausfall um in eine wie ein Hochsicherheitsgefängnis gesicherte Gated Community der Reichen einzudringen. Als sie eine Villa ausrauben wollen, werden sie gestellt, können aber entkommen, doch durch das Auslösen der Alarmanlage wird die Gemeinde alarmiert. Diese greift kurzerhand zur Selbstjustiz und startet eine Hetzjagd auf die jugendlichen Eindringlinge.
Das Thema der immer größer werdenden sozialen Kluft und der Segregation der Reichen ist virulent, deren Aufarbeitung durch Rodrigo Plá vermag allerdings nicht ganz zu überzeugen. Hart und kühl im Stil eines Hollywood-Actionfilms inszeniert der Mexikaner, ist in seinem reportagehaften dokumentarischen Stil zwar nah dran an den Figuren und am Geschehen, lässt aber tiefere Einblicke und differenzierte Figurenzeichnung vermissen und setzt stattdessen auf recht reißerische Spannungsdramaturgie. Spannend anzusehen ist das aber auf jeden Fall, und der Film kann auch zur Diskussion und zur intensiveren Auseinandersetzung mit dem Thema anregen.
Takino Schaan: Fr, 11.9. + Sa, 12.9., jeweils 22.30 Uhr