Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 10. Sep 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (14.9. - 20.9. 2009)

Gurbet - In der Fremde: “Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen“, kritisierte Max Frisch Ende der 60er Jahre das Verhalten der Schweiz besonders gegenüber vorwiegend italienischen Arbeitsmigranten. Österreich schloss mit der Türkei 1964 ein Anwerbeabkommen ab, das zahlreiche Menschen vom Bosporus in die Alpenrepublik führte. In Interviews mit neun türkischen Arbeitsmigranten der ersten Generation, deren Bandbreite sich vom Textilarbeiter über eine Witwe bis zum Geschäftsmann erstreckt, und mit sensationellem Archivmaterial zeichnet Kenan Kiliç in seinem einfühlsamen Dokumentarfilm die Geschichte und die Befindlichkeit der „Gastarbeiter“ nach, macht Verbesserungen, aber auch negative Entwicklungen sichtbar und vor allem das Gefühl der Zerrissenheit und Entfremdung spürbar. Denn wie sie in Österreich als Ausländer gelten, so in ihrer früheren Heimat als „Deutschländer“ und durch die Migration sind nicht nur sie selbst heimatlos, sondern ihre in der Heimat zurückgebliebenen Angehörigen auch kinder- oder vaterlos geworden. – Nicht nur ein bewegender Dokumentarfilm, sondern auch ein wichtiges zeitgeschichtliches Dokument von bleibendem Wert
Spielboden Dornbirn: Mi, 16.9.; Do, 24.9. – jeweils 20.30 Uhr


Flieger über Amazonien:
Gegensätzliche Menschen sind der unstete Abenteurer Fernando und der Familienmensch Nilton. Gemeinsam ist beiden aber die Leidenschaft fürs Fliegen. Parallel entwickelt Helmut Brödl ihre Porträts und bietet in von ihm selbst verfassten inneren Monologen Einblick in ihre Erfahrungen und Empfindungen.
So dokumentarisch der Gestus ist, so fiktiv sind diese von Schauspielern verkörperten Männer. Verknüpft wird mit diesen Porträts die Schilderung der schier endlosen Weite Amazoniens, in der Fernando und Nilton bei ihren Taxiflügen Prostituierte ebenso wie Nonnen, Kücken ebenso wie Schwerverletzte transportieren. Irreal, wie Ornamente wirken da viele Flugaufnahmen der von grünem Dschungel, rotbraunem Ackerland und dem mächtigen Fluss bestimmten Landschaft. Magische Bilder gelingen Brödl, wenn er die scharfe Trennlinie zwischen einem braunen und einem blauen Fluss, die bei Manaus ineinander fließen, einfängt, Flussinseln wie Zellen unter einem Mikroskop wirken oder sich eine braune Lehmstraße als schmales Band durch den Dschungel  zieht. Dem Reportagestil verweigert sich diese Mischung aus Dokumentarfilm und Fiktion konsequent, evoziert dafür in seinem gänzlich unaufgeregten, träumerisch-verspielten Fluss der Bilder und Geschichten große Poesie und meditative Stimmung.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi, 16.9., 19.30 Uhr; Do, 17.9., 22.00 Uhr


Pepperminta: Der erste Spielfilm der Ostschweizer Videokünstlerin Pippilotti Rist ist eine knallbunte Angelegenheit und ein lustbetontes poppiges Vergnügen. Rist lässt ihre Hauptfigur, deren Namen schon Assoziationen an Buntheit und Lebensfreude weckt, als eine erwachsene Pippi Langstrumpf des 21. Jahrhunderts aufbrechen, um die Menschen von ihren Ängsten und gesellschaftlichen Fesseln zu befreien. Was bei Pippi die Kinder Annika und Tommy waren, das sind hier der von seiner Mutter unterdrückte dickliche Werwen und die Tulpenflüsterin Edna, die Pepperminta aus ihrem inneren Gefängnis befreit und zu ihren Helfern macht. Auch Parallelfiguren zu Lindgrens beiden bescheuerten Polizisten kann man in diesem anarchistischen Sturmlauf gegen Institutionen und bürgerliche Ordnung finden. So ansteckend „Pepperminta“ in seiner verspielten und befreiten Erzählweise, durch die der anarchistische Impetus auch auf die formale Gestaltung übertragen wird, aber auch ist, so unübersehbar sind in dem dahin mäanderndem Fluss der Episoden auch Längen und das Fehlen von wirklicher Bissigkeit.
Takino Schaan: Do, 17.9., 20.30 Uhr; Sa, 19.9. – Mo, 21.9. – jeweils 18.30 Uhr