Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 04. Apr 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (5.4. - 11.4. 2010)

Peter Madsen and CIA play Silent Movies - „The Phantom of the Opera“: Schon 14 Jahre nach Erscheinen wurde der Roman des französischen Journalisten und Schriftstellers Gaston Leroux erstmals verfilmt. Rupert Julian setzt dabei weniger auf Horrormomente als vielmehr auf Melodramatik. Im Grunde wird eine Dreiecksgeschichte zwischen dem Phantom, der jungen Opernsängerin Christine und ihrem Geliebten Raoul de Chagny erzählt. Weil das entstellte Phantom sich in Christine verliebt hat, entführt es sie in die Kammern unterhalb der Pariser Oper und verspricht ihr für ihre Liebe Ruhm und Erfolg als Sängerin. Zum Schein geht sie auf die Bedingungen des Phantoms ein, trifft sich dann aber doch wieder mit Raoul. Als das Paar flüchten will, entführt das Phantom Christine ein zweites Mal …
Die Inszenierung ist zwar recht statisch, beeindruckend ist aber ein Maskenball in Technicolor, das intelligente Spiel mit der glanzvollen Opernwelt auf der einen und den finsteren Katakomben auf der anderen Seite. Geschickt wird auch die Handlung mit der Aufführung von Boris Gounods „Faust“, in dem es ja auch um einen teuflischen Pakt geht, verknüpft und zudem sorgt die Theaterwelt mit diversen Requisiten für beunruhigende Momente. Speziell in der Unterwelt vermag auch die Lichtregie zu überzeugen, misslungen dagegen, weil ohne Spannung, ist die Inszenierung eines Anschlags des Phantoms während einer Opernaufführung. Auffallend ist auch, dass im Gegensatz zu späteren Verfilmungen das von Lon Chaney stark gespielte Phantom hier nicht als gequälter Mensch mit tragischer Geschichte erscheint, sondern rein negativ als gefährlicher und brutaler Verbrecher charakterisiert wird. - Peter Madsen wird mit einem Teil seiner CIA-Gruppe am Spielboden live zu der Vorführung improvisieren. 
Spielboden Dornbirn: Mi, 7.4., 20.30 Uhr


35 Rum: Der afrikanischstämmige Zugführer Lionel lebt zusammen mit seiner Tochter Josephine in einer kleinen Pariser Vorstadtwohnung. Wo die Mutter geblieben ist, wird erst am Ende des Films klar. Liebevoll gehen Vater und Tochter miteinander um: Sie bekocht ihn, und er holt sie abends von ihrem Nebenjob in einem CD-Laden ab. Wenn sie ihrem Papa die Pantoffeln bringt, er sie mit einem Druckkochtopf überrascht und sie ihm zärtlich eine Kuss gibt, spürt man ihre Vertrautheit und Nähe, den Wunsch den anderen auf keinen Fall zu verletzen und gleichzeitig das melancholische Bewusstsein, dass sich die Dinge verändern werden und müssen, dass man loslassen und sich für Neues öffnen muss.
Denn Lionel und Josephine leben nicht für sich: Einerseits umwirbt eine Taxifahrerin hartnäckig Lionel, andererseits interessiert sich der junge Noe für Josephine. Unempfänglich scheinen beide für diese Avancen, bis Noe erklärt, dass er einen Job in Gabun annehmen wolle.
Die Französin Claire Denis entwickelt keine dramatische Geschichte, sondern baut mit einem wunderbaren Blick für Körper, einem Gespür für die Blicke der Figuren und einer musikalischen Montage ein poetisches Ballet der Momente auf. Federleicht und beiläufig wird vieles angesprochen und man spürt in jeder Szene, wie sehr die Regisseurin ihre Protagonisten – und auch das Leben – liebt. Da muss gar nicht viel passieren, aber diesen Figuren, die von Noe abgesehen ausschließlich afrikanischstämmig sind, zuzusehen, ist einfach so beglückend, dass sich die positive Grundstimmung und die Leichtigkeit dieser poetischen, sehr zärtlichen und sanften Szenenfolge direkt auf den Zuschauer übertragen.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr, 9.4. – Do, 15.4.


Sturm: Vor dem Den Haager Kriegsverbrechertribunal versucht Hannah Maynard (Kerry Fox) die Verurteilung eines Mannes zu erreichen, der als serbischer Kriegsverbrecher angeklagt ist. Alles scheint klar, doch da kann die Verteidigung den Hauptzeugen der Anklage der Lüge überführen. Maynard aber will nicht aufgeben, beginnt in Bosnien zu recherchieren und macht schließlich eine Zeugin ausfindig.
Mit seinem ersten internationalen und englischsprachigen Film begibt sich der Deutsche Hans-Christian Schmid aufs Parkett des Politthrillers, kümmert sich aber wenig um die Spielregeln des Genres. Nicht aus Verschwörungen oder spektakulärer Action bezieht „Sturm“ seine Spannung, sondern aus der quasidokumentarischen Inszenierung, dem genauen Blick für Situationen und der Durchleuchtung der komplexen Verflechtungen von Politik und Recht. Papieren wirkt das bei Schmid freilich nie, denn er versteht es, die Themen in eine Geschichte mit Menschen aus Fleisch und Blut zu verpacken und liefert gewissermaßen die menschliche Geschichte zu dürren Zeitungsnotizen. Hier werden Gefühle nicht zuletzt dank Schmids großartiger Schauspielerführung nie behauptet, sondern spürbar. Und statt auf die Emotionsdrüse zu drücken, setzt der Deutsche auf nüchtern-sachliche, aber ungemein stringente und kompakte Inszenierung, die seinem vielschichtigen Drama Dichte und große Wucht verleihen.
Takino Schaan: Fr, 9.4. – Di, 13.4. – jeweils 20.30 Uhr