Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 04. Okt 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (5.10. - 11.10. 2009)

Le code a changé – Affären à la carte: Der französische Titel bezieht sich auf den Türcode der Scheidungsanwältin M-L und ihres polnischstämmigen Mannes Pjotr. Zu ihnen rein und damit auch zum Abendessen, zu dem sie geladen haben, kommt eben nur, wer diesen Code, der geändert wurde, kennt. Übertragen werden kann das freilich auch auf die Schicht, die da eingeladen wird: Eine Gynäkologin und ihr Mann, M-Ls arroganter Chef, und seine psychisch labile Frau Sara, eine Flamencotänzerin und der Innenarchitekt, der die neue Küche von M-L und Pjotr geplant hat. Dazu kommen noch M-Ls Schwester Juliette und ihr doppelt so alter Geliebter, sowie überraschend der Vater der beiden Schwestern, mit dem Juliette kein Wort mehr geredet hat, seit er die inzwischen verstorbene Mutter verlassen hat.
Da mag beim Abendessen auch Small Talk gepflegt werden, über Beruf und Leben, Alltag und Herkunft geplaudert werden, so werden doch Risse in der glatten Oberfläche sichtbar und neue Affären bahnen sich an. Gleichzeitig bieten Vorausblenden einen Blick ins folgende Jahr und zeigen, dass die Beziehungen inzwischen kräftig durcheinander gewirbelt wurden, alles anders und doch wieder gleich ist.
Schnell geschnitten und von einem hochkarätigen Ensemble (Dany Boon, Emmuelle Seigner, Patrick Bruel, Karin Virard, Marina Hands) souverän gespielt, entwickelt sich eine in der Leichtigkeit des Erzähltons typisch französische Gesellschaftskomödie. Allerdings gewinnen die Figuren angesichts ihrer großen Zahl zu wenig Konturen, und den Dialogen mangelt es auch an Esprit. So plätschert „Le code a changé“ selbst wie Small Talk dahin: Man verbringt mit dem Film eine angenehme Zeit, unterhält sich nett, aber am Ende bleibt wenig haften.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 8.10., 20 Uhr + Sa, 10.10., 22 Uhr


Che - Guerrilla: Auf die Schilderung der Kubanischen Revolution in „Che – Revolución“ lässt Steven Soderbergh im zweiten Teil seines vierstündigen Biopics nach Guevaras „Bolivianischem Tagebuch“ den Guerillakampf und Tod des argentinischen Revolutionärs im bolivianischen Dschungel folgen. Ganz auf diese letzten elf Lebensmonate Ches konzentriert sich Soderbergh, folgt seinen Versuchen bei der Kommunistischen Partei Boliviens und der Landbevölkerung revolutionäre Begeisterung zu entfachen – und zeigt sein Scheitern. Denn langsam wird das Netz der von amerikanischen Spezialisten trainierten Soldaten enger. Ruhiger als im ersten Teil ist die Erzählweise und die Reduktion auf fahle Grau-Grüntöne und monochrome Blautöne in den Nachtszenen, die mit Fortdauer des Films noch an Farbsättigung verlieren, künden schon vom nahenden Untergang. Auf die Schilderung von Hintergründen wie die Brutalität und Korruption der Junta wird wie im ersten Teil ebenso weitgehend verzichtet wie auf Psychologisierung und dramatische Zuspitzungen. Gezeigt werden vielmehr in einer eher losen Abfolge von internen Diskussionen der Guerilla, von Begegnungen mit Dorfbewohnern und Scharmützeln Menschen in Aktion. Statt einen Mythos aufzubauen dekonstruiert Soderbergh ihn, zeigt keinen Helden, sondern kühl und ohne jedes Pathos Che, der von Benicio del Toro großartig gespielt wird, als zunehmend isolierten Kämpfer. Und trotz der Melancholie, die den Film durchzieht, gelingt es Soderbergh am Ende in einer großen Klammer nochmals den Bogen zum hoffnungsvollen Anfang des ersten Teils zu schlagen.
FKC in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 8.10., 19.30 Uhr + Fr, 9.10., 21.30 Uhr


Un barrage contre le pacifique: Malerisch sind die Bilder in Rithy Panhs Verfilmung von Marguerite Duras' 1931 erschienenem Roman „Heiße Küste“. Ganz in Grün getaucht sind die kambodschanischen Reisfelder – ein Idyll, doch immer wieder bedroht nicht nur von den Fluten des Pazifik. Müde und krank hat dieser Kampf ums Reisfeld die Mutter, Witwe eines französischen Kolonialbeamten, gemacht, und sie weiß, dass ihre Kinder die Kolonie wohl bald Richtung französisches Mutterland verlassen werden.
Dennoch kämpft sie unermüdlich gegen die Natur und gegen korrupte Bürokraten, versucht einen Bankkredit zu erhalten, und als dies scheitert, zusammen mit Sohn Joseph die 16-jährige Tochter Suzanne mit einem reichen chinesischen Händler, von dem speziell der ganz dem kolonialistischen Denken verhaftete Joseph nichts hält, zu verkuppeln, um so das nötige Geld zu bekommen. In seinen betörenden Bildern evoziert Rithy Panh eindringlich die Atmosphäre der französischen Kolonialgesellschaft und macht auch die Schwüle und Hitze fast physisch spürbar. Der schwermütige Soundtrack verstärkt noch die lethargisch-melancholische Stimmung. So sehr „Un barrage contre le pacifique“ auf der visuellen Ebene überzeugt – auch wenn man das Ausblenden von allem Hässlichen kritisieren kann –, so spannungsarm, fast lethargisch wie das Leben in dieser Tropenregion plätschert auf der anderen Seite die Handlung dahin. Großartig ist zwar Isabelle Huppert in der Hauptrolle als ausgelaugte Mutter, blass bleiben aber dagegen die meisten anderen Figuren, sodass dieses Melodram nie Durchschlagskraft und Leidenschaft zu entwickeln vermag.
Takino Schaan: Do, 8.10., 20 Uhr; Sa, 10.10. – Mo 12.10. - jeweils 18 Uhr